Die Berge des Himalaya
(The mountains of Himalaya)
Mount Everest,
K2, Kanchenjunga, Lhotse, Makalu, Cho Oyu, Dhaulagiri I, Manaslu, Nanga
Parbat, Broad Peak, Annapurna I, Gasherbrum, Shisha Pangma und viele andere
Anmerkungen:
Hier finden Sie meine
Rezensionen zu neu erschienenen Büchern und Sonderausgaben von Zeitschriften, welche die Bergwelt des Himalaya und ihre
Erschließung als
inhaltlichen Schwerpunkt haben und in dieser Hinsicht von besonderem
dokumentarischem Wert für die Allgemeinheit sind. Bücher, welche diesen
Anforderungen nicht genügen oder die vorwiegend dazu dienen, sich ein
medienträchtiges Ereignis zunutze zu machen, werden hier nicht aufgenommen. Ich befasse mich nicht mit Büchern, deren
Inhalte sich hauptsächlich mit den Völkern, den Religionen, den Kulturen sowie mit Flora
und Fauna des Himalaya beschäftigen. Ich befasse mich auch nicht mit der
üblichen Reiseliteratur für den Tourismus.
Sie dürfen mir hier
gerne per E-Mail Hinweise auf weitere Neuerscheinungen geben - möglichst mit
genauen Angaben für den Erwerb. Ich werde mich dann um diese Bücher
bemühen, sofern sie "meiner" Thematik entsprechen und die
vorstehenden Bedingungen erfüllen. Bei Büchern aus
Quellen außerhalb des deutschsprachigen Raumes kann ich nur englischsprachige
Werke berücksichtigen und dies auch nur, soweit sie mit erträglichem Aufwand
erhältlich sind.
Noch eine wichtige
Schlussbemerkung: Rezensionen bleiben trotz aller Bemühungen um Objektivität immer
Ergebnisse einer subjektiven Betrachtungsweise. Der einzelne Leser mag
durchaus zu einer anderen Beurteilung kommen. Deshalb versuche ich, eher einen
Überblick über die Inhalte der Bücher zu vermitteln als persönliche
Beurteilungen abzugeben. Ich will dem Leser eine Hilfe für seine Kaufentscheidung
geben, ich will ihn aber nicht beeinflussen. In der persönlichen Beurteilung
halte ich mich zurück, was aber Lob oder negative Beurteilungen an der einen oder
anderen Stelle keineswegs ausschließt. Es ist mir ein wichtiges Anliegen,
über die Buchneuerscheinungen zu den Bergen des Himalaya zu informieren, weil
ich den Büchern zu dieser Thematik einen besonders hohen Stellenwert
beimesse. Ich kann Sie guten Gewissens ermuntern, sich mit diesem Büchermarkt
zu beschäftigen. Aber die Kaufentscheidung im Einzelfall treffen Sie, die
Leserschaft.
Und noch eine Anmerkung: Die
Reihenfolge der Bücher auf dieser Website sagt nichts über ihre Bedeutung
und ihren Wert aus. Auch dies möge jeder für sich selbst entscheiden.
Weitere Angaben zu viel, viel
Literatur seit den Anfängen der Erschließung des Himalaya finden Sie auf
meinen Seiten "Die 14 Achttausender"
und "Literatur allgemein".
Ihr Günter Seyfferth
Klicken Sie auf das Bild, wenn Sie es in größerem Format sehen wollen.
Nicholas Mailänder
unter Mitarbeit von Otto Kompatscher
Er
ging voraus nach Lhasa Peter Aufschnaiter - Die Biographie
Tyrolia-Verlag, Innsbruck - Wien ISBN 978-3-7022-3693-9 ISBN
978-3-7022-3694-6 (E-Book)
gebunden, 414 Seiten Format: 233 x
160 x 32 mm, 1000 Gramm 3 farbige Landkarten Historische
Schwarz-Weiß-Fotos
Preis: Euro 29,95
Die
großformatige Übersichtskarte im Buch mit den Routen und Stationen von
Peter Aufschnaiter können Sie
hier
oder mit einem Klick auf das folgende Kleinbild öffnen.
Rezension als PDF-Datei |
Der
Österreicher Peter Aufschnaiter (1899 – 1973) zählt zu den ganz Großen
unter den Pionieren bei der Erforschung des Himalaya und der unendlichen
Weiten des tibetischen Hochlands. 33 Jahre seines Lebens hat er als
Bergsteiger, Forscher, Kartograf und Entwicklungshelfer in diesen
Hochregionen Asiens verbracht, in einer Zeit von 1939 bis 1972, in der die
Wirren der großen Weltpolitik nicht nur für ständige Unruhe in der Region
sorgten, sondern auch maßgeblichen Einfluss auf die Lebensumstände von
Peter Aufschnaiter hatten.
Seine Zeit in Asien beginnt mit der Erkundungsexpedition zum Nanga Parbat im Jahr
1939 zusammen mit Heinrich Harrer. Das Unternehmen endet mit der
Internierung in einem Gefangenenlager in Indien, nachdem die Deutschen den
Engländern den Krieg erklärt hatten. Dieses Ereignis und die Folgejahre
mit der gemeinsamen Flucht nach Tibet hat Heinrich Harrer mit seinem Buch
„Sieben Jahre in Tibet“ weltberühmt gemacht. Die treibende Kraft und der
bergkundige Führer durch die unbekannte Landschaft war aber Peter
Aufschnaiter, der sich schon während der Gefangenschaft gute Kenntnisse
über mögliche Fluchtrouten angeeignet hatte. Die fast zweijährige Flucht
in den Jahren 1944/45 nach Lhasa voller Strapazen und Hindernissen ist eine
der spannenden Episoden des Buches. Aber auch die Zeit bis 1950 in Lhasa
zwischen der anfänglichen Furcht der Ausweisung bis hin zur Etablierung
als willkommener Entwicklungshelfer für das unterentwickelte Tibet ist
anschaulich beschrieben, hier wie in allen Kapiteln häufig mit den Worten
Aufschnaiters aus seinen Tagebuchaufzeichnungen.
Im Jahr 1951 marschieren die Chinesen in Tibet ein, so dass der
Aufenthalt in Lhasa zu gefährlich wird. Während Harrer ausreist, weicht
Aufschnaiter nur so weit nach Süden aus, wie es das noch langsame
Vordringen der Chinesen erforderlich macht. Ein ganzes Jahr dauert dieser
Rückzug, bei dem er weitere Gebiete Tibets erforscht. Er zögert aber auch,
weil ihm Tibet und dessen Menschen inzwischen ans Herz gewachsen waren und
er gerne in Tibet geblieben wäre.
Es folgen
die Jahre in Nepal und Indien, wo Aufschnaiter mal hier, mal dort
Anstellungen als Kartograf oder Entwicklungshelfer findet. Ihm gefällt das
einfache Leben und die Möglichkeit zu Unternehmungen im Himalaya, wo ihn
Besteigungen und Trekkings in noch weitgehend unbekannte Regionen führen.
Aber auch in diesen Jahren von 1952
bis 1972 beeinflussen die politischen Mächtespiele zwischen China und
Indien, dazwischen das ohnmächtige kleine Nepal mit seinen eigenen
politischen Wirren und Ränkespielen, das Leben von Peter Aufschnaiter. Mal
sind seine Dienste gefragt, dann wieder werden sie hintertrieben,
insbesondere wenn es um seine Arbeit als Kartograf im Dienste der Militärs
geht. Genauso unstet wie die politischen Verhältnisse gestaltet sich das
Leben Aufschnaiters. Aber dennoch gefällt es ihm in Asien, und erst aus
gesundheitlichen Gründen kehrt er 1972 nach Österreich zurück.
Abwechslungsreich, verbunden mit guten Einsichten in die politischen
Ereignisse dieser unruhigen Zeit sind die Inhalte der entsprechenden
Buchkapitel.
Wie es
sich für eine Biographie gehört, umfasst sie natürlich auch die Jahre bis
zum Aufbruch nach Asien. Soldat an der Dolomitenfront in Südtirol, Studium
der Agrarwissenschaften in München, Tätigkeit in der durch die
Nationalsozialisten ideologisierten Welt der Bergsteigerorganisationen:
Auch hier wurde für die Biographie umfassend recherchiert, ohne zu
beschönigen, dass Aufschnaiter durchaus von der Ideologie der Nazis
angetan war.
Für die
Biographie waren sehr umfangreiche und aufwändige Recherchen erforderlich.
Mittels Fußnoten in den Texten und den entsprechenden Zusammenstellungen
am Ende jedes Kapitels wird der Leser ausführlich über die jeweiligen
Quellen informiert. Auch dies zeichnet das vorliegende Buch aus.
Anhand
der drei farbigen Landkarten können die Routen und Stationen von Peter
Aufschnaiter nachvollzogen werden.
Stuttgart, den 6. März.2019
Günter Seyfferth
Man möge
mir noch eine sehr persönliche Anmerkung gestatten: Wenn Sie das Buch in
den Händen halten, werden Sie feststellen, dass ich die drei Landkarten
gezeichnet habe. Im Herbst 2018 erhielt ich die Anfrage des
Tyrolia-Verlags, ob es mir möglich wäre, Landkarten mit den von Peter
Aufschnaiter gegangenen Routen zu zeichnen. Für jemand wie mich, der seit
Jahren versucht, möglichst viel Wissen über die Berge des Himalaya zu
sammeln und zu vermitteln (www.himalaya-info.org),
gibt es kaum eine reizvollere Aufgabe, als den Spuren eines Forschers zu
folgen, der so weite und zu seiner Zeit noch weitgehend unbekannte Wege in
dieser Region gegangen ist. Entscheidend für meine Zusage war letztlich
aber die Gewissheit, dass die Arbeit von Nicholas Mailänder und Otto
Kompatscher ein wichtiger Beitrag zu den Themen der Geografie des Himalaya
und Tibets und deren Erforschung sein wird. Das fertige Buch hat mich in
meiner Einschätzung bestätigt, und so wäre es auch, wenn ein anderer die
Landkarten gezeichnet hätte. Ich freue mich, dass ich in dieser Weise
einen Beitrag leisten durfte.
|
Dieter Höss Nepal
Menschen und Landschaften am Great Himalaya Trail
Tyrolia-Verlag, Innsbruck-Wien ISBN 978-3-7022-3625-0
Gebunden, 248 Seiten Format: 250 x 297 x 25 mm, 1900 Gramm 11 Landkarten
Viele großformatige Farbbilder
Preis: Euro
39,95
Rezension als PDF-Datei |
Der Great Himalaya Trail
(GHT) ist der geographische Leitfaden für den Autor Dieter Höss, um die
Menschen und Landschaften in diesm großformatigen Bildband zu beschreiben.
Als Anfang dieses Jahrhunderts auch die bis dahin für Bergtouristen
gesperrten abgelegenen Regionen Nepals zum Besuch freigegeben waren, wurde
das Projekt GHT entwickelt. Mit diesem Projekt wird das Ziel verfolgt, mit
Hilfe des Tourismus auch etwas Wohlstand in die weniger oder noch gar
nicht bekannten Bergregionen zu bringen. Das Buch ist in 11 Regionen
gegliedert in der Reihenfolge von Ost nach West. Die jeweiligen Landkarten
schließen aneinander an, so dass sie ein Gesamt-Kartenwerk von
Übersichtskarten mit den Wanderrouten im nepalesischen Himalaya ergeben.
Auf jeweils einer Übersichtsseite zu jeder Karte sind die wichtigsten
Merkmale dortiger Touren zusammengefasst.
Man hat in den Landkarten
des GHT eine Hauptroute markiert, die allerdings nur Symbol dafür sein soll, dass
man die Bergregionen Nepals durchgehend erwandern kann. In den Landkarten
des GHT sind deshalb auch alle wesentlichen Nebenrouten zu finden, über
die sich der Wanderer die Bergwelt in ihrer ganzen Schönheit, Wildheit und
Vielfalt erschließen kann - oft noch besser, als wenn er auf der
Hauptroute bleiben würde. .
Dem Autor geht es aber um deutlich
mehr, als eine geografische Übersicht über den GHT zu liefern. Er hat
einen üppig ausgestatteten Bildband geschaffen, in dem allein schon die
Fülle an Bildern der grandiosen Gebirgslandschaft, der Dörfer, der Felder,
der Klöster, der Chörten und Mani-Mauern und natürlich der Menschen
unendlich viel an Eindrücken vermittelt. Dieter Höss erzählt dazu von
seinen vielen Wanderungen durch das Land - von den Anfängen des
Bergtourismus bis heute. Persönliche Erlebnisse bedeutender oder
unbedeutender Art auf diesen Wanderungen nimmt er zum Anlass, kleine
Kapitel einzuflechten, welche Menschen, Bräuche Lebensweisen, Landwirtschaft, Handwerk, Medizin,
Kultur, Religion, Kunst, Geschichte, Flora, Fauna zum Thema haben. So wie
bei den Bildern wird auch in diesen Schilderungen die Vielfalt sichtbar,
die in der Gebirgswelt Nepals auf ganz unterschiedliche Art zu erleben
ist.
Es ist nicht zu übersehen: besonders die Menschen und ihre
Lebensweisen haben es Dieter Höss angetan. Er äußerst sich voller
Bewunderung, wie sich die Menschen auf die harten Bedingungen des Gebirges
eingestellt haben. Er spricht aber auch mit Sorge über die Gefahr der
Abwanderung der Menschen in tiefere Regionen und dass damit die Kulturen
der Bergvölker verloren gehen, wofür er bereits Anzeichen sieht. In den
Beschreibungen verschiedener Touren wird der immer schneller voran
schreitende Ausbau von Fahrpisten bis auf fast 4000 m Höhe angesprochen
und welche Veränderungen dadurch schon jetzt spürbar sind: Verbesserungen
im Lebenstandard der Menschen, aber auch Verdrängungen der Bergtouristen
von bisher traditionell gegangenen Pfaden. Landkarten und Beschreibungen
zeigen aber auf, dass sich niemand durch staubige Fahrpisten vom Besuch
einer Region abhalten lassen muss, da Möglichkeiten des Ausweichens
gegeben sind, die zum Teil noch besseren Sichten auf die grandiose
Berglandschaft von gewaltigen Dimensionen eröffnen.
Dieter Höss
beschreibt an vielen Stellen, wie stark die Lebensbedingungen gerade der
Bewohner der weniger bekannten Regionen davon abhängen, in wie weit ein
Handel über die seit frühen Zeiten genutzten Gebirgspässe mit Tibet möglich
ist. Seit die Chinesen in Tibet regieren, wird dieser Handel mal mehr mal
weniger gestattet. An einigen Punkten ist er ganz zum Erliegen gekommen,
so dass früher wohlhabende Dörfer an der Handelsroute so gut wie keine
Existenzgrundlage mehr haben. Deutlich wird auch, dass die Landwirtschaft
nur unter größten Anstrengungen ein Leben im Gebirge möglich macht.
Nach dem Studium des Buches weiß man: Dieter Höss, dem Facharzt für
Innere Medizin, liegt das Wohlergehen der Menschen im Gebirge am Herzen.
Dass er in Nepal ein Bildungsnetzwerk mit der Finanzierung von Schulbauten
und Unterricht unterstützt, verwundert da nicht. Auch die Erlöse aus dem
Verkauf dieses Buches gehen in diese Arbeit - eine Arbeit, die mit der
Hoffnung verbunden ist, dass ausgebildete junge Menschen in ihre Dörfer
zurückkehren "und dort zukunftsweisende Initiativen ergreifen". Zur
Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen im Gebirge soll auch das
Projekt GHT beitragen, indem es Besucher aus dem Ausland anlockt, die
wiederum den Aufbau einer Infrastruktur für einen sanften Tourismus auch
in den bisher wenig bekannte Gebieten sinnvoll erscheinen lassen. Der
Autor ist der Meinung, dass eine solche Perspektive der drohenden
Entvölkerung der Bergdörfer entgegenwirken wird.
Stuttgart, den
14.09.2017
Günter Seyfferth |
Nives Meroi "Ich werde dich
nicht warten lassen." Der Kangchendzönga, Romano und ich
Tyrolia-Verlag, Innsbruck-Wien ISBN 978-3-7022-3505-5 ISBN
978-3-7022-3526-0 (als E-Book)
Gebunden,
176 Seiten Format: 160 x 231 x 18 mm, 575 Gramm 1 Landkarte, 1
Routenverlauf im Vor- und Nachsatz 35 Farbbilder
Preis: Euro
19,95
Rezension als PDF-Datei |
"Ich werde dich hier nicht warten lassen."
antwortet Nives Meroi am
17. Mai 2009 ihrem Mann Romano, als dieser in 7500 m Höhe in der
Südwestflanke des Kangchenjunga (Kangchendzönga, 8586 m) erschöpft im Schnee sitzen bleibt
und seiner Frau vorschlägt, alleine weiter zum Gipfel zu steigen und hier
auf ihre Rückkehr zu warten. 11 der 14 Achttausender haben die beiden
bisher bestiegen - immer gemeinsam. Immer war Romano der Stärkere gewesen,
jetzt aber ist er unerklärlich langsam - ein Lungen- oder Hirnödem scheint
nicht der Grund zu sein. Zu diesem Zeitpunkt sind die Spanierin Edurne
Pasaban und die Österreicherin Gerlinde Kaltenbrunner mit ebenfalls
jeweils 11 Achttausendern gleichauf mit Nives Meroi im "Wettbewerb", als
erste Frau die Gipfel aller 8000er erreicht zu haben. Romano will seiner Frau
die Chance auf ihren 12. Achttausender nicht nehmen. Nives aber weiß nur
zu gut, dass sich der Zustand von Romano in dieser Höhe rasch
verschlechtern kann und er nach ihrer Rückkehr vom Gipfel nicht mehr
genügend Kraft für den langen Abstieg haben könnte. Und so trifft sie die
Entscheidung zum sofortigen Abstieg.
Damit beginn die dramatische
Phase im Leben des Ehepaares, die im Buch mit dem Titel "Der 15.
Achttausender" überschrieben ist. In Italien stellt sich heraus, dass
Romano an einer lebensgefährlichen Erkrankung des Knochenmarks leidet, die
verhindert, dass rote Blutkörperchen gebildet werden. An dieser Krankheit
ist z.B. Marie Curie gestorben. Ähnlich wie bei der Krebserkrankung
Leukämie beginnt ein langer und harter Weg von Untersuchungen,
Transplantation, Therapien, Abstoßungen fremder
Zellen, neuen Therapien. Mal besteht Hoffnung, mal gibt es Rückschläge mit
neuen lebensbedrohenden Situationen. Die zweite Knochenmarktransplantation
im Jahr 2011 bringt schließlich den erhofften Erfolg: Die Blutwerte
verbessern sich kontinuierlich, im Juni stehen Nives und Romnao gemeinsam
wieder auf einem Viertausender der Alpen und im Herbst 2011 ist Romano am
Mera Peak (6476 m) im Everest-Gebiet sogar schon wieder der Stärkere.
Inzwischen haben andere Frauen alle 14 Achttausender bestiegen, Nives
Meroi fühlt sich aber dennoch nicht als Verliererin, denn sie hat zusammen
mit ihrem Mann den Kampf um sein Leben gewonnen.
Im Frühling 2012
sind Nives und Romano wieder am Kangchenjunga. Wieder an einem 17. Mai ist
Gipfeltag. Es ist stockdunkel und die Suche nach der richtigen
Aufstiegsrinne zwischen den Felsrippen des mächtigen Gipfeltrapezes
gestaltet sich als äußerst schwierig. Als es zu dämmern beginnt, stellen
sie fest, dass sie zu weit rechts aufgestiegen sind und nun am Fuß der
Gipfelfelsen des 8482 m hohen Mittelgipfels stehen. Für eine
Routenänderung ist es zu spät. Wütend über diesen "Verhauer" steigen sie
ab.
Das Jahr 2013 ist wieder ein Jahr der gesundheitlichen
Rückschläge für Romano: ein neues Hüftgelenk, dann eine Gürtelrose. Aber im
Frühjahr 2014 sieht man die beiden schon wieder in der Südwestflanke des
Kangchenjunga. Nach der Phase der Akklimatisation ist ein
Zeitfenster mit weniger Wind für den 14. bis 17. Mai vorausgesagt. Am 16.
Mai errichten sie ihr Zelt in 7600 m Höhe; niemand sonst kampiert an
diesem Tag in dieser Höhe. Und dann ist also erneut ein 17. Mai (!) der
Gipfeltag. Um 12.15 Uhr stehen beide am Gipfel des dritthöchsten Berges
der Erde. Es ist ihr 12. Achttausender. "Nach fünf Jahren hat sich uns der
Kangchendzönga geschenkt. ... Wir sind von vollkommenem Frieden erfüllt."
So bringt schließlich Nives Meroi ihre Gefühle am Ende der fünf
schicksalhaften Jahre zum Ausdruck.
Stuttgart, den 15. Mai 2016
Günter Seyfferth |
Wolfgang Heichel Adolph
Schlagintweit Ein Leben für die Wissenschaft
Eigenverlag
ISBN 978-3-00-049682-0
Gebunden, 162 Seiten Format: 215 x 302 x
12 mm, 950 Gramm 5 Landkarten, 127 Abbildungen (meist farbig)
Preis: Euro 29,95 (zzgl. Versandkosten)
Bestellung beim Autor
Wolfgang
Heichel
Von Wolfgang Heichel gibt
es folgende weiteren Veröffentlichungen zum Himalaya:
- Chronik der
Erschließung des Karakorum Teil I - Western Karakorum
-
Chronik der Erschließung des Karakorum Teil II - Central
Karakorum I
- Chronik der
Erschließung des Nanga Parbat und seiner näheren Umgebung
Rezension als PDF-Datei |
In diesem großformatigen
Buch von Wolfgang Heichel wird einer der frühen Erforscher des Himalaya
gewürdigt: Adolph Schlagintweit (1829 - 1857). Als sich Adolph
Schlagintweit zusammen mit seinen Brüdern Hermann und Robert im September
1854 auf die fast dreijährige Forschungsreise nach Indien und Zentralasien
begab, war vom Gebirge des Himalaya nur sehr wenig bekannt. Das Wissen
beschränkte sich hauptsächlich auf die unmittelbare Umgebung entlang der
Handelsrouten zwischen Indien und Tibet; vom Gebirgsteil des Karakorum
wusste man so gut wie nichts - außer, dass nördlich der Orte am Indus ein
großes Gebirge lag. In den Karakorum wagte sich niemand hinein, weil die
am Hunza-Fluss lebenden, damals noch räuberischen Stämme der Hunza und
Nagar auf der Suche nach Beute weit ausschwärmten und jegliche Expedition
zumindest im westlichen Teil des Gebirges unmöglich machten.
Immerhin war den damals lebenden Forschern - unter Ihnen der berühmte
Alexander von Humboldt, der an der Universität Berlin wirkte - bereits
bekannt, dass die Hauptwasserscheide des asiatischen Kontinents nördlich
des Himalaya lag und die großen Ströme wie Brahmaputra und Indus zwar auf
weiten Umwegen, aber letztlich doch das Gebirge nach Süden durchbrachen.
In Großbritannien und Indien drängte die mächtige Handelsorganisation East
Indian Company auf weitere Forschungen, die schließlich in dem großen
Projekt der Vermessung des indischen Subkontinents einschl. des Himalaya
mündeten, das 1856 in Angriff genommen wurde. Als die Gebrüder
Schlagintweit nach Asien aufbrachen, hatten sie nur Karten rudimentärer
Art zur Verfügung, in denen einzelne Gebirgszüge - wenn überhaupt -
höchstens grob angedeutet waren.
In diese Zeit der großen
Pioniertaten im Himalaya führt uns das Buch von Wolfgang Heichel. Dass die
Gebrüder Schlagintweit sich im Auftrag der East Indian Company auf die
teure Forschungsreise begeben konnten, hatten sie ihrem großen und
berühmten Gönner Alexander von Humboldt zu verdanken. Humboldt war auf die
Brüder Hermann und Adolph aufmerksam geworden, als diese zur
Vervollständigung ihrer Ausbildung im Jahr 1849 von Bayern nach Berlin
kamen. Hier fielen sie mit ihrem wissenschaftlichen Studien auf, die sie
in den Alpen betrieben hatten und denen sie sich auch weiterhin mit großem
Erfolg widmeten. Da Humboldt wusste, dass man in Großbritannien an große
Forschungsprojakte dachte, nutzte er seine Verbindungen nach London.
Dorthin übersiedelte Adolph Schlagintweit im Jahr 1853 und beeindruckte
die dortigen Wissenschaftler. Als schließlich auch der preussische König
seine Beziehungen zum britischen Königshaus ins Spiel brachte, war der Weg
der großen Forschungsreise der Deutschen im Auftrag der Briten geebnet.
Wolfgang Heichel hat in sehr aufwändigen Recherchen ermittelt, welchen
Weg Adolph Schlagintweit in Asien genommen hat - im Bereich des Himalaya
durch die Berge des östlichen Garhwal nach Tibet sowie durch Ladakh und
durch den südlichen, mittleren und östlichen Karakorum. Hermann und Robert
Schlagintweit haben die Asienreise zwar in wissenschaftlicher Weise
aufbereitet, nicht aber in Form eines Reiseberichts. Zudem waren die
Brüder meist in weit auseinanderliegenden Gebieten getrennt unterwegs
gewesen. Adolph selbst wurde am 26. August 1857 in Kashgar von
Aufständischen ermordet, so dass von seiner Reise lediglich Briefe,
Berichte und Zeichnungen aus der Zeit davor Zeugnis ablegen. Dennoch ist
es Heichel gelungen, die verschiedenen Routen von Adolph durch das
Hochgebirge im Detail nachzuvollziehen. U.a. konnte Adolph am Abi Gamin,
einem Vorgipfel des Kamet, mit ca. 6785 m einen bergsteigerischen
Höhenrekord aufstellen. Hoch anzuerkennen ist auch, dass uns Wolfgang
Heichel mit dem Buch zahlreiche Aquarelle von Adolph Schlagintweit
zugänglich macht. Die Fotografie war zu dieser Zeit noch nicht so weit
entwickelt, dass sie der Dokumentation von Reisen dienen konnte. Adolph
Schlagintweit war aber ein begnadeter Zeichner gewesen und hat mit fast
fotografischer Qualität seine Eindrücke von der Gebirgslandschaft
festgehalten. Sein Forschungsmaterial hatte er von unterwegs immer wieder
nach Europa gesandt, so dass vieles davon für die Nachwelt erhalten blieb.
Mit Heichels Buch sind schöne Bilder wieder veröffentlicht; zu vielen
Bildern ist es dem Autor gelungen, Fotos aus der heutigen Zeit
gegenüberzustellen. Man ist verblüfft über die Präzision der Zeichnungen
von Adolph Schlagintweit.
Mit einer Fülle an detaillierten
Beschreibungen in Wort und Bild werden uns der Werdegang von Adolph
Schlagintweit und seine große Forschungsreise, die so tragisch endete, in
lebhafter und abwechslungsreicher Weise nahegebracht. Es ist eine große
Leistung des Autors, all die Grundlagen aus den Archiven zusammengetragen
und uns die Forschungsreise von Adolph Schlagintweit weitgehend
vollständig und mit so schönem Bildmaterial aufbereitet zu haben, Da
verzeiht man ein paar wenige textliche Unebenheiten gerne. Die Leistung eines der
großen Pioniere im Himalaya ist endlich der Öffentlichkeit zugänglich
gemacht.
Stuttgart, den 14. September 2015
Günter Seyfferth |
Alix von Melle Luis Stitzinger
Leidenschaft fürs Leben
Gemeinsam
auf den höchsten Bergen der Welt
Piper Verlag GmbH, Malik, 2015
ISBN 978-3-89029-442-1
Gebunden, 343 Seiten Format: 147 x 220 x
35 mm, 650 Gramm 53 Farbbilder, 2 Karten
Preis: Euro 22,99
Die Autoren verfügen über eine eigene Website
www.goclimbamountain.de
Rezension als
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Die Wege, auf denen die
Ehepartner Alix von Melle und Luis Stitzinger zum Bergsteigen gekommen
sind, könnten kaum unterschiedlicher sein: Alix von Melle, aufgewachsen im
norddeutschen Flachland, kannte die Alpen bis zu ihrem Studium nur von
Ski-Urlauben mit den Eltern. Luis Stitzinger, Sohn eines Bergführers und
einer bergbegeisterten Mutter, wohnhaft im Allgäu, hatte seine
Leidenschaft für die Berge offensichtlich bereits in die Wiege gelegt
bekommen. Während des Studiums in München begann sich Alix auch für das
Bergsteigen zu interessieren. Sie trat
in den DAV ein und leitete schließlich Skitourenkurse und Sommerwanderung
für den Verein. Luis war da längst erfahrener Bergsteiger und hielt
sich während des Studiums als Bergführeranwärter für den DAV-Summit-Club
mir Kursen im Hochgebirge finanziell über Wasser, erste Touren in den
Anden und im Himalaya eingeschlossen. Er schaffte es schließlich,
zeitgleich sowohl sein Studium als auch die Ausbildung zum staatlich
geprüften Berg- und Skiführer abzuschließen.
Bei einer Skidurchquerung im Engadin im Jahr 1997 lernten sich
beide kennen. Aber erst ein Jahr später trafen Sie sich anlässlich einer
Skitour in den Berner Alpen wieder. Nach weiteren Treffen in München
gestanden Sie sich auf Initiative von Alix schließlich ihre Liebe
füreinander. Die gemeinsame Liebe zu den Bergen hatten Sie bereits
entdeckt, von jetzt ab wurde daraus die gemeinsam gelebte Leidenschaft,
auf die höchsten Berge der Erde zu steigen.
Im Buch erzählen mal
Alix, mal Luis - von ihrer Jugendzeit bis zum Zeitpunkt des Kennenlernerns
und dann von den Ereignissen an den höchsten Gipfeln der Erde, die sie -
von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen - gemeinsam erlebt haben. Das
gemeinsame Durchleben der Bergabenteuer empfanden sie immer als
vergleichsweise leicht, da nichts im Ungewissen blieb und man in allen
Situationen füreinander da sein konnte. Hingegen waren es Zeiten höchster
Unruhe, wenn nur sie oder er unterwegs war und der andere zu Hause auf
Nachrichten wartete.
Der Leser kann in den Erzählungen viele große
Bergfahrten miterleben: an Aconcagua, Muztagh Ata, Ama Dablam, Pumori, Pik
Lenin, Mt. McKinley und natürlich an den Achttausendern wie Gasherbrum II,
Nanga Parbat, Dhaulagiri I, Makalu, Cho Oyu, Broad Peak, K2, Manaslu,
Shisha Pangma. Mühsal und Anspannung bei den Vorbereitungen; schöne,
genussreiche Tage; Kämpfe mit Tiefschnee, Sturm, Kälte und
Sauerstoffmangel; schicksalhafte Tage, in denen es um das Leben von
Bergkameraden oder das eigene Überleben geht; Tage voller Zweifel; Tage
der Hoffnung und Zuversicht; Kampf mit den eigenen Schwächen, Erfolg,
Misserfolg, herrliche Gipfeltage. All diese Phasen im Leben der
Höhenbergsteiger werden lebendig.
Luis Stitzinger hat zum Schluss
ein besonderes Kapitel zu seiner Leidenschaft der Skiabfahrten an den
hohen Bergen angefügt. Ihm sind aufsehenerregenden Abfahrten gelungen -
nicht im halsbrecherischen Stil an Steilwänden, sondern an Bergflanken, wo
- wenn auch nur für wahre Könner - noch ein Skifahren im eigentlichen Sinn
möglich ist, z.B. aus 7850 m Höhe am Broad Peak oder aus 7800 m Höhe am
Nanga Parbat.
Die Autoren haben erfreulicherweise darauf
verzichtet, das oft wochenlange, mühselige Auf und Ab an den Bergen
minutiös aufzuzählen und sämtliche technischen Schwierigkeiten explizit
dazulegen, wie es im Expeditionsbericht einer Erstbesteigung oder einer
Erstbegehung gerechtfertigt sein mag. Alix von Melle und Luis Stitzinger
erzählen hauptsächlich von den ereignisreichsten oder außergewöhnlichsten
Tagen der Expeditionen als Beispiele ihres Erlebens der Welt der hohen
Berge - immer verständlich eingebunden in die Gesamtdarstellung der
Expedition. Zu den besonderen Eindrücken zählen durchaus auch Tage des
Anmarsches oder Ruhetage im Basislager.
Auch Höhenbergsteiger haben
einen Alltag außerhalb von Expeditionen zu bewältigen. Sie gehen zu Hause
einem Beruf nach und müssen damit u.a. wieder neues Geld verdienen, um
ihrer kostspieligen Leidenschaft nachgehen zu können. Auch von diesem
Wechsel zwischen Alltag und den Wochen an den höchsten Bergen der Welt,
von den Zwängen des Alltags, die dem Ausleben der Leidenschaft für die
Berge Grenzen auferlegen, erzählen die Autoren.
Zwei Menschen
erzählen von sich und ihrer Leidenschaft für die Welt der Berge.
Stuttgart, den 10.06.2015
Günter Seyfferth |
Christiane Fladt
Und neben ihnen stapft der Tod
Die
Achttausender-Bezwinger von Shimshal
Verlag Neue Literatur, 2014
ISBN 978-3-940085-86-3
Gebunden, 243 Seiten Format: 130 x 207 x
20 mm, 450 Gramm 57 Farbbilder
Preis: Euro 18,90
Von Christiane Fladt sind im Verlag Neue Literatur folgende
weiteren Bücher zum Leben im Shimshal-Tal erschienen:
WENN ALLAH
NEIN SAGT - Das erstaunliche Leben der Lal PareeI SBN
978-3-940085-24-5, Preis: 14,90 EUR
WIRST DU TANZEN, SHAHANA? Neun
literarische Vignetten über Shimshal ISBN 978-3-938157-66-4, Preis:
12,90 EUR
MEKKA GEN WESTEN - Unterwegs in Pakistan ISBN
978-3-938157-48-0, Preis: 16,90 EUR
Rezension als PDF-Datei |
Das Buch von Christiane
Fladt "Und neben ihnen stapft der Tod" ist eines der wenigen Bücher, das
den stillen Helden des Höhenbergsteigens im Himalaya gewidmet ist - den
Hochträgern, dank derer viele, viele Expeditionen erst in die großen Höhen
vordringen konnten. Weit bekannt sind die Dienste der Sherpas aus Nepal,
die längst nicht nur als Träger arbeiten, sondern als erfahrene Bergführer
die Bergtouristen der ganzen Welt auf die Gipfel des höchsten Gebirges der
Erde bringen. Viel weniger bis gar nicht bekannt sind die
Leistungen der Hochträger aus Pakistan, die an den hohen Gipfeln des
Karakorum und des Nanga Parbat ihre bescheiden bezahlte Arbeit verrichtet
haben - unter Einsatz ihres Lebens.
Die Autorin hatte erstmals im
Jahr 2002 das abgeschiedene Dorf Shimshal im Nordosten des pakistanischen
Karakorum besucht. Es folgten weitere lange Aufenthalte, in denen Sie die
Menschen und die harten Lebensbedingungen in dieser entlegensten Region
des Hochgebirges kennenlernte. Erst seit dem Jahr 2003 kann das Dorf über
eine abenteuerliche Piste durch die Schlucht des Shimshal-Flusses erreicht
werden.
Es hatte gedauert, bis man auch in Shimshal bemerkte, dass
man sich als Träger bei den Expeditionen zu den hohen Gipfeln ein Zubrot
verdienen konnte. In das Shimshal-Tal selbst kam so gut wie keine
Expedition, obwohl unmittelbar im Süden des Tales die hohen
Siebentausender des Hispar Muztagh stehen. Hauptziele der Expeditionen
waren und sind der Nanga Parbat im Südwesten und die berühmten Gipfel am
Baltoro-Gletscher im Südosten. Zunächst waren es in Pakistan hauptsächlich
Männer aus den Völkern der Balti und der Hunza, welche sich die
Fähigkeiten angeeignet hatten, Lasten auch in die höheren Lager an den
Bergen tragen zu können. Nach und nach erwarben dann auch Männer aus
Shimshal das notwendige bergsteigerische Können, womit natürlich auch die
Verdienstmöglichkeiten stiegen. Sie wurden HAP's (High altitude porters),
deren Aufgaben darin bestanden, Lasten in die Hochlager an den Bergen zu
transportieren und beim Erschließen der Routen zu helfen. Die Stärksten
von ihnen konnten sich bald durchaus mit den Fähigkeiten vieler
ausländischer Expeditionsmitglieder messen, in Bezug auf die Ausdauer
waren sie sogar den meisten "Westlern" überlegen. Bei Rettungsaktionen
wurden sie zu Helden, und irgendwann standen auch die ersten Shimshali auf
den Gipfeln der Achttausender ihres Landes. Einen, zwei oder gar alle 5
dieser höchsten Gipfel haben einige als Erfolg zu vermelden; aber andere
hat bei der Ausübung ihres "Nebenjobs" der Tod ereilt.
Christiane
Fladt hat viele dieser Männer bzw. ihre Hinterbliebenen befragt. Bei den
meisten war dies nur mit Hilfe eines Dolmetschers möglich, denn
nennenswerte Englischkenntnisse sind bei den Erwachsenen im Shimshal-Tal
eine seltene Ausnahme. Sehr unterschiedliche Charaktere, höchst
vielfältige Lebensläufe, gutes oder schlechtes Erinnerungsvermögen,
fehlende Dokumentationen, größte Bescheidenheit und Zurückhaltung beim
Erzählen oder offensichtliche Übertreibung und Aufschneiderei: all dies
waren die Begleitumstände, welche zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen
der insgesamt 18 Gespräche beitrugen. Die meisten der Shimshali maßen dem
Bergsteigen kaum mehr als die Möglichkeit des Geldverdienens bei. Dies
erklärt für die Autorin, dass Vieles von dem Erlebten oft zeitlich nur
ungefähr eingeordnet werden konnte oder gar ganz in Vergessenheit geraten
war, was sie aber den Erzählungen anderer entnehmen konnte. Bedingt durch
die Sprachprobleme wussten die Shimshali natürlich auch nur das von den
Expeditionen, was sie unmittelbar miterleben konnten. Nur wenige
Expeditionen bezogen ihre Hochträger in engerem Sinne ein.
Einige
der Hochträger aus Shimshal habe dramatischen Ereignisse am Berg hautnah
miterlebt - die fürchterlichen Tragödien am K2, aber auch viele
Unglücke an Broad Peak, den Gasherbrum-Gipfeln und am Nanga Parbat. Sie
haben von Rettungsaktionen unter schwierigsten Bedingungen
berichtet, sie haben andere in den Tod stürzen sehen, sie mussten
Nachrichten vom Tod auch in ihr Dorf bringen. Sie haben aber auch von
erfolggekrönten Gipfeltagen an der Spitze von Expeditionen erzählt,
an denen sie teilhaben durften. Aber
nicht jeder der Shimshali hatte Wert auf den
persönlichen Gipfelerfolg gelegt, da es dafür keine zusätzliche Prämie
gab.
Die Autorin musste im Zuge ihrer
Recherchen feststellen, dass die pakistanischen Bergsteiger es nicht
vermocht haben, ihre großen Leistungen in einen dauerhaften
wirtschaftlichen Erfolg umzumünzen, so wie es den Sherpas in Nepal
gelungen ist. Die Zukunft der nachwachsenden Generation sahen alle ihre
Gesprächspartner nicht im Bergsteigen, sondern in der Bildung, für die
sich seit der Fertigstellung der Zufahrt zum dem Dorf im Jahr 2003
tatsächlich deutlich bessere Möglichkeiten eröffnet haben. Mit dem bei den
Expeditionen verdienten Geld haben die Väter die finanzielle Grundlage für
die Ausbildung ihrer Kinder geschaffen. Darauf sind sie alle stolz.
Stuttgart, den 24. Mai 2015
Günter Seyfferth |
Simone Moro In Eiseskälte
Die Achttausender im Winter
Piper Verlag GmbH, München 2013
ISBN 978-3-89029-436-0
Gebunden, 250 Seiten Format: 142 x 222 x
26 mm, 500 Gramm 50 Farbfotos, 1 Landkarte
Preis: Euro 19,99
Der Autor verfügt über eine eigene Website:
http://www.simonemoro.com
Rezension als
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„Eiseskälte“ – ein Wort alleine kann gar nicht
ausdrücken, welchen lebensfeindlichen Verhältnissen sich ein Bergsteiger
aussetzt, der sich Besteigungen der Achttausender im Winter vorgenommen
hat: Temperaturen von minus dreißig bis minus vierzig Grad. Stürme, welche
nicht nur die Kälte ins Unerträgliche steigern, sondern den winzigen
Menschen von den Füßen reißen und in den Abgrund schleudern können.
Tiefschnee, der jegliches Vorwärtskommen fast unmöglich macht. Von den
Stürmen blankgefegte Eisflanken, auf denen die Steigeisen kaum Halt
bieten. Lawinen von unvorstellbaren Ausmaßen. Gletscherspalten, die im
Tiefschnee nicht mehr zu erkennen sind. Unvorstellbare Auszehrung des
Körpers durch Anstrengungen und Kälte. Endloses Warten auf zumindest kurze
Pausen in der Wut der Winterstürme.
Was bringt einen Menschen dazu, sich das alles
anzutun – zumal bei sehr geringer Aussicht auf Erfolg? Simone Moro sagt
dazu: „Ich will einen Alpinismus
betreiben, der nicht zwangsläufig einfach nur die Erfahrungen anderer
kopiert. Die (leider abgenützten) Worte ‚Abenteuer‘ und ‚Erforschung‘ sind
das Fundament, auf dem meine Art, Alpinismus zu leben, basiert. Einige
Male bin ich auch auf der Normalroute in einer ‚normalen‘ Jahreszeit auf
einen Achttausender gestiegen, aber ich habe dabei immer empfunden, dass
das nichts mit Erforschung und Abenteuer zu tun hatte.“ An anderer
Stelle bringt er aber auch zum Ausdruck, dass es ihm nicht um den Erfolg
oder das Aufstellen neuer Rekorde oder die Leistung geht. „Der
Alpinismus, den ich praktiziere, entspringt einer Liebe, einer echten,
tief empfundenen Leidenschaft für das, was mich im Innern berührt, was
meine Gedanken fliegen und mich die Risiken akzeptieren lässt, die diese
Liebe mit sich bringt.“
In den Erzählungen von seinen Winterexpeditionen
macht Moro deutlich, dass er schrittweise Erfahrungen hinsichtlich der
besonderen Verhältnisse im Winter sammeln musste, um den zusätzlichen
Risiken in angemessener – sprich lebenserhaltender Weise begegnen zu
können. Dazu zählte das Erlernen von noch mehr Geduld mit der Entwicklung
der Wetterverhältnisse, einer besonders großen Leidensfähigkeit und der
unbedingten Bereitschaft zum Verzicht. Diesen Weg ist Simone Moro mit
ersten Winterexpeditionen am
Aconcagua sowie an den hohen Gipfeln des Pamir und des Tienshan gegangen.
Dazwischen aber stand das tragische Ereignis an der Annapurna I, das er
mit viel Glück überlebte, in dem aber seine beiden Freunde Anatoli
Boukreev und Dimitri Sobolev ums Leben kamen. In Denis Urubko, der als 15.
Mensch in der Jahren von 2000 bis 2009 alle 14 Achttausender besteigen
sollte, fand er einen neuen
Freund und gleichgesinnten Kletterpartner.
Der größte Teil des Buches ist den Winterexpeditionen
in den Jahren 2004 bis 2012 gewidmet. Nach einem Versuch im Jahr 2004
gelang ein Jahr später die erste Winterbesteigung des Shisha Pangma – 17
Jahre nach dem Ende der „Serie“ der Winterbesteigungen von polnischen
Expeditionen an Everest (1980), Manaslu, Dhaulagiri I, Cho Oyu,
Kangchenjunga, Annapurna I und Lhotse (1988). In den Jahren 2007 und 2008
folgten zwei vergebliche Versuche am Broad Peak. Dann kam im Jahr 2009 die
erste Winterbesteigung des Makalu, die viel Aufsehen erregte, sowie im
Jahr 2011 die ebenso beachtete erste Winterbesteigung des Gasherbrum II.
Mit der Besteigung des Gasherbrum II war erstmals auch einer der
Achttausender-Gipfel im nordwestlichen Himalaya im Winter erreicht worden,
wo die winterlichen Bedingungen nochmals wesentlich dramatischer sind als
im südlicher gelegenen Nepal.
Besonders in den Schilderungen der Expeditionen am
Makalu und Gasherbrum II gelingt es dem Autor, dem Leser die
fürchterlichen Bedingungen aus Wetter, Höhe, Eis und Schnee deutlich zu
machen, die den Bergsteigern im Winter alles abverlangen, was die
menschliche Physis und Psyche zu leisten vermag. Ich habe den Eindruck,
dass sich Moro dabei sogar noch bescheiden zurückhaltend äußert, um sich
nicht dem Vorwurf einer übertriebenen Herausstellung seiner Leistung
auszusetzen. Das Erlebte muss von den Protagonisten noch als deutlich
härter empfunden worden sein, als es in den Worten des Autors zum Ausdruck
kommt. Windverhältnisse zwischen Sturm und Orkan ließen kaum einen Vorstoß
in größere Höhen zu. Schließlich eröffnete jeweils nur ein winziges
prognostiziertes Zeitfenster mit etwas weniger Sturm die Möglichkeit, um
ein letztes Lager einzurichten. Dank bester Vorbereitung und Schnelligkeit
erreichte man darüber hinaus dann sogar die Gipfel. Dort allerdings schlug
die Wetterfalle zu. Die Rückkehr war der Kampf zurück ins Leben.
Die Achttausender im Winter – ein Buch über die
Auseinandersetzung zwischen Mensch und entfesselter Natur.
Stuttgart,
den 09.10. 2015
Günter
Seyfferth
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Richard Sale, Eberhard Jurgalski, George Rodway:
Herausforderung 8000er
Die höchsten
Berge der Welt im 21. Jahrhundert Menschen - Mythen - Meilensteine
Übersetzung und Bearbeitung:
Jochen Hemmleb
Tyrolia-Verlag, Innsbruck, Wien,
2013
ISBN: 978-3-7022-3294-8
Gebunden, 272 Seiten Format: 252 x 298 x
26 mm, 2000 Gramm Sehr viele farbige Abbildungen Routenskizzen zu
allen 8000ern Besteigungsstatistiken
Preis: Euro 39,95
Rezension als PDF-Datei
|
Die
Besteigungsgeschichte der 14 Achttausender ist heute - 118 Jahre nach dem
ersten ernsthaften Besteigungsversuch und 63 Jahre nach der ersten
Besteigung - nicht mehr in einem einzigen Buch zu fassen. Im Jahr 2000
hatte es Richard Sale zusammen mit John Cleare in seinem Buch "On Top of
the World", das auch in deutscher Sprache erschienen war, versucht. Die
Autoren mussten sich aber schon damals auf die wesentlichen Ereignisse
beschränken, um das sinnvolle Volumen eines Buchbandes nicht zu sprengen.
Das jetzt vorliegende Werk ist im Schwerpunkt eine Fortschreibung der
Geschichte bis heute - wie es auch der Untertitel andeutet. Aber auch die
Erstbesteigungen werden teilweise nochmals in ihren wesentlichen Abläufen
aufgegriffen, vor allem dort, wo neue Erkenntnisse seit dem Jahr 2000 eine
Korrektur der seitherigen Darstellungen erforderlich machen. Nicht zuletzt
sind auch die Auswirkungen des kommerziellen Bergsteigens Gegenstand
kritischer Betrachtungen.
Das
Buch ist ein opulenter Bildband, der schon alleine deswegen eine
herausragende Stellung in der Reihe dieser Art der Bergbücher einnimmt. Es
werden insbesondere Bilder präsentiert, die im bisherigen 21. Jahrhundert
auf neuen Routen zustande kamen und deren Begehungen als hoch anzuerkennende
bergsteigerische Leistungen einzustufen sind. Ja, diese Besteigungen gibt
es noch neben den kommerziellen Expeditionen auf den ausgetretenen Routen.
Dank der einfach zu handhabenden digitalen Fototechnik werden solche
Unternehmungen heutzutage oft selbst in schwierigsten Situationen fotografisch dokumentiert. Das Buch zeigt Bilder der Erstbegeher aus den
engeren Bereichen der hohen Gipfel, welche die dortigen Verhältnisse und
die von den Bergsteigern zu bewältigenden Probleme besser beschreiben als
alle Worte. Natürlich gibt es dabei auch spektakuläre Sichten aus den
großen Höhen zu bewundern. Dass uns dieses seltene Bildmaterial der
Bergsteiger zugänglich gemacht wird, ist eine der großen Leistungen der
Autoren. (Bei der Fülle des Bildmaterials sei den Autoren die falsche
Beschriftung zu Seite 67 nachgesehen; das Foto zeigt den Schlaginweit
Peak, 5971 m und den Shaigiri, 6245 m südlich des Rupal-Tales.)
Die Kapitel zu den 14 Achttausendern - in der
Reihenfolge der Erstbesteigungen geordnet - sind jeweils dreigeteilt:
Der erste Teil beschäftigt sich mit der Erkundung/Erschließung, der
Erstbesteigung und einigen weiteren frühen Erstbegehungen - je nach Gipfel
und Ereignissen in unterschiedlichem Umfang. Dort sowie in
den zugehörigen, per Fußnoten verknüpften Anmerkungen werden auch die
neuen Erkenntnisse vermittelt. welche Korrekturen in der bisherigen
Geschichtsschreibung erforderlich machen. Was an früheren Berichten geschönt
oder falsch war oder gar auf Lügen basierte, ist in einigen Fällen
geklärt. In anderen Fällen sind zwar Fragen offen, nichts davon scheint
aber im Ausblick auf die Zukunft noch so bedeutend zu sein, als dass nicht
diese nüchterne Feststellung genügen würde.
Der zweite Teil der
Achttausender-Kapitel enthält Übersichtstabellen zu den Erstbegehungen
sowie zugehörige Fotos mit den eingetragenen Routen. Die Tabellen stammen
von Eberhard Jurgalski, der sich seit langer Zeit mit den Besteigungen an
den Achttausendern beschäftigt. Seine Angaben waren auch Grundlage für das Zeichnen der Routen.
Am Schluss des Buches sind noch einige Gesamtstatistiken Jurgalskis zu
allen Achttausendern angefügt. Zu diesem
Teil der Kapitel muss ich eine sehr persönliche Anmerkung einschieben: Ich
selbst habe in den letzten Jahren solche Daten und Informationen
zusammengetragen und damit die Grundlage für meine detaillierten
Beschreibungen und Routenskizzen aller Erstbegehungen auf meiner Website
geschaffen. Ich bin als Rezensent also in der seltenen glücklichen Lage,
diese unabhängig zustande gekommenen Darstellungen des Buches auf
Richtigkeit und Vollständigkeit prüfen und die dahinter stehende Leistung werten zu können. Die Angaben in dem Buch sind aus meiner
Kenntnis heraus vollständig und korrekt. Hinter den Arbeitsergebnissen
verbirgt sich eine hoch anzuerkennende Leistung aus sehr zeitintensiven
Recherchen und Auswertungen. Nicht immer sind ausreichend detaillierte
Berichte der Protagonisten verfügbar, was eine zuverlässige
Gesamtdarstellung zusätzlich erschwert. Der Wert der Tabellen zu den
Erstbegehungen wäre allerdings größer, wenn auch die Quellen angegeben
wären; diese sind nur bedingt in den Texten zu finden.
Der jeweils dritte Teil der
Achttausender-Kapitel ist überschrieben mit "Das neue Jahrtausend". Hier
finden sich die Kurzbeschreibungen der wichtigsten neueren
Begehungen und einiger dramatischer Ereignisse - und vor allem die
herausragenden Fotos (siehe oben)! Auch das kommerzielle
Bergsteigen, das viele Veränderungen im Höhenbergsteigen mit sich gebracht
hat, ist Gegenstand der Schilderungen zur neueren Zeit. Die Autoren
greifen dabei Auswüchse wie lebensgefährdende Plünderungen von Hochlagern,
handgreifliche Auseinandersetzungen sowie
die Verweigerung von lebensrettenden Maßnahmen auf, versäumen aber
andererseits nicht, auf positive Beispiele der selbstlosen Hilfsbereitschaft
hinzuweisen, mit denen sich Bergsteiger gegen den Trend der Verrohung der
Sitten zu stemmen versuchen.
Während der
Bearbeitungsdauer des Buches traten weitere berichtenswerte Ereignisse
ein, die in einem Schlusskapitel "Die nächste Dekade" erfasst sind. Diese
Jahre 2011 bis 2013 enden u.a. leider mit der Ermordung von 11
Bergsteigern im Basislager des Nanga Parbat durch pakistanische
Terroristen. Keine guten Aussichten für die Zukunft, zumindest in
Pakistan.Es ist wichtig und richtig, dass die
aktuellen Erkenntnisse zu den Details der Erstbesteigungen der Annapurna
I, des Nanga Parbat und des K2 nunmehr ihren Niederschlag wie in diesem
Buch gefunden haben, waren die ersten "offiziellen" Berichte doch z.T. mit
falschen diskriminierenden Aussagen verbunden. Nur so ist ein Buch als
Grundlage für spätere Forschungen und Fortschreibungen geeignet. Richard
Sale hätte aber darauf verzichten sollen, im Kapitel zum Broad Peak die
Auseinandersetzungen, die seine Veröffentlichungen "On Top of the
World" im Jahr 2000 und "Broad Peak" im Jahr 2004 ausgelöst haben, zum
Gegenstand dieses Buches zu machen. Eine ausgewogene Würdigung der
Leistung der vier Erstbesteiger wäre sicher auch ohne diesen „Ausflug“
abseits der direkten Sachinformation möglich gewesen. Ohnehin war und
bleibt in der Öffentlichkeit unbestritten, dass alle vier Bergsteiger eine
große Leistung vollbracht haben und dass Buhl in diesem Fall keine
herausragende Stellung eingenommen hat. Auch die vom Autor bemühten
Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Seilschaften waren
offensichtlich doch nicht so groß, als dass sie den gemeinsamen großen
Erfolg hätten verhindern können. Die Geschichte der Erstbesteigung des
Broad Peak muss also nicht neu geschrieben werden. Sale hat sich selbst
– vermutlich bedingt durch die
persönlichen Auseinandersetzungen - ein zu dramatisches Bild vom Jahr 1957
am Broad Peak gezeichnet.
Auf dem Umschlag des Buches ist zu lesen: "Historisch fundiert, aktuell
und detailliert, reich bebildert". Diese Merkmale kann ich - abgesehen von
der vorstehenden (nicht ausschlaggebenden) Einschränkung - nur bestätigen.
Wer sich für die Achttausender und ihre Geschichte interessiert, wird den
Kauf des Buches nicht bereuen. Andere könnte es neugierig auf ein neues,
spannendes Thema machen.
Stuttgart, den 15. Dezember 2013
Günter Seyfferth
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Pit Schubert
Im Himalaya ist vieles anders
Bergverlag Rother, 2013
ISBN 978-3-7633-7032-0
Gebunden, 224 Seiten
Format: 228 x 287 x 24 mm, 1500 Gramm
Sehr viele farbige Abbildungen,
Übersichtsplan
Preis: Euro 39,90
Rezension als PDF-Datei
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Vorbemerkung: Dieser
erzählende Bildband von Pit Schubert befasst sich nur teilweise mit dem
Thema meiner Website, den Bergen des Himalaya. Aber in dem Buch
wird sehr vieles andere aus der Welt des Himalaya beschrieben, mit dem
Bergsteiger und Trekker zwangsläufig in Berührung kommen und auf das
ich selbst nicht eingehen kann. Es ist also eine wunderbare Ergänzung
zu meiner Website, was für mich ein guter Grund ist, es hier aufzunehmen. Wenn es jemand gibt, der kompetent über
die Berge des Himalaya, über die Menschen in diesem Gebirgsraum sowie
über deren Kulturen und Religionen schreiben kann, so ist es Pit
Schubert. Über 70 Reisen seit 1969, die teilweise mehrere Monate
gedauert haben, hat er dorthin unternommen. Dass er dabei auch gerne und
gut fotografiert hat, kommt ihm und uns - jetzt zu Gute. Wo nur irgend
möglich, lässt Pit Schubert seine Bilder sprechen; Berichte und
Erzählungen sind dadurch gut verständlich und kurzweilig. Manches
Erlebnis lässt beim Lesen ohnehin keine Langeweile aufkommen, aber auch
Kulturen und Religionen werden von Pit Schubert in der Kombination von
Wort und Bild lebhaft und leicht lesbar behandelt - humorvolle
Betrachtungen eingeschlossen. Wie der Buchtitel schon andeutet, erlebt
der Europäer aus seiner Sicht fremdartige und verwunderliche
Begebenheiten, vieles für ihn amüsant oder kurios, anderes
nachdenklich machend, vor allem aber fast immer anders als zu
Hause.
Pit Schubert: auch ein hervorragender
Bergsteiger mit zahlreichen Erstbegehungen in den Alpen. Da war es
naheliegend, dass er sich auch an Besteigungen im Himalaya wagte. So gelang ihm
z.B. im Jahr
1976 zusammen mit Heinz Baumann die Erstbegehung der äußerst
schwierigen und gefährlichen Südflanke der Annapurna IV. Er hat dieses
Abenteuer nur knapp überlebt.
Hoch hinauf geht es in den Kapiteln zur Annapurna IV,
zur Geschichte der Bergsteigerin Nanda Devi am
Berg Nanda Devi und zu einer Bergrettung am Cho Oyu. Um große Höhen
geht es auch, wenn er schildert, wie zeitweise darum gestritten wurde,
ob Mount Everest oder K2 in der Rangordnung der höchsten Berge ganz
oben zu stehen hätten.
Doch der Schwerpunkt des Buches sind die
Begegnungen des Autors mit den Menschen im Himalaya bzw. Tibet und mit
deren Kulturen und Religionen. Pit Schubert durchstreift nahezu alle
Bereiche des Lebens der Bergvölker, mit denen der Bergtourist unterwegs
in Berührung kommt. Ein Kaleidoskop von Ereignissen nimmt er als
Ansatz, um uns diese andere Welt näher zu bringen. Er hat erlebt, sich
gewundert, gestaunt, gefragt. Vieles ließ sich erklären, anderes
nicht. Der Bergsteiger oder Trekker mag hauptsächlich wegen der
Berge in den Himalaya gehen. Sein Aufenthalt in den Bergen bringt aber
zwangsläufig viele Begegnungen mit den dort wohnenden oder
beschäftigten Menschen mit sich. Wenn der Fremde Wissen zum Leben und
Denken dieser Menschen mitbringt, wenn er etwas über Kulturen und
Religionen weiß, werden diese Begegnungen mit Sicherheit interessanter,
intensiver, aufschlussreicher, lehrreicher - und nicht zuletzt -
schöner sein. Pit Schuberts Buch ist das geeignete Hilfsmittel, um sich
in unterhaltender Art und Weise vorzubereiten und damit die aufwändige
Reise zu einem noch beeindruckenderen Erlebnis zu machen. Aber auch der
Freund der Berge, der keine Reiseabsichten hat, wird mit Interesse und
Freude lesen, was dem Fremden in dieser Welt so alles an ungewohnten
Dingen begegnet.
Stuttgart, den 30. Oktober 2013
Günter Seyfferth
Es gibt eine Reihe von anderen
Veröffentlichungen von Pit Schubert. Eine Übersicht erhalten Sie, wenn
Sie beim Bergverlag Rother (http://www.rother.de/index.htm)
unter dem Stichwort "Pit Schubert" suchen oder wenn Sie hier
klicken.
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Wolfgang
Heichel
Nanga Parbat
Chronik der Erschließung des
Nanga Parbat und seiner näheren Umgebung
Eigenverlag
ISBN 978-3-00-040476-9
Gebunden,
415 Seiten
Format: 215 x 300 x 27 mm, 2050 Gramm
446 (!) Abbildungen: historische Bilder in schwarz-weiß, neuere Bilder in
Farbe
Landkarten, Routenskizzen
Umfangreiche Bibliographie
Preis:
Euro 39,95 zuzügl. Versandkosten
Bestellung
beim Autor
Wolfgang
Heichel
Rezension
als PDF-Datei |
Es sei
vorweggenommen: Es gibt keine umfangreichere und vollständigere
Dokumentation zur Erschließung und Besteigungsgeschichte des Nanga Parbat
und der Berge in seiner Umgebung als dieses Buch. Es sind alle
Expeditionen berücksichtigt, viele davon sind ausführlich beschrieben,
die Topografie ist vollständig mit Landkarten, Bildern und
beschrifteten Panorama-Fotos erklärt.
Die Zahl der Expeditionen zu den
Achttausendern und die Zahl der Besteigungen ist seit den 80er-Jahren
des vorigen Jahrhunderts sprunghaft angestiegen. Das gilt auch für den
Nanga Parbat. Entsprechend anspruchsvoll ist die Aufgabe, die sich ein
Autor stellt, der die Geschichte eines dieser Berge bis zum heutigen Tag
niederschreiben und dokumentieren will. Wolfgang Heichel hatte mit dem
Nanga Parbat insofern einen Vorteil, als dass die Schwierigkeiten und
Gefahren dieses Berges der Zahl der Gipfelaspiranten mit Erfolgsaus-
sichten relativ enge Grenzen setzen. So ging es um eine
Zahl von Unternehmungen, die - wenn auch mit Mühe - gerade noch zu
bewältigen war. Andererseits stellt der "Schicksalsberg der
Deutschen" mit seinen dramatischen Unglücken und Folgeereignissen
eine besondere Herausforderung für den Chronisten dar, kann er doch gar
nicht alles in ein Buch zwängen, was anderswo Tausende von Seiten in
Büchern, Zeitschriften, Briefen und Gerichtsakten gefüllt hat.
Die bekannte Geschichte des Nanga Parbat
umfasst rund zwei Jahrhunderte. Obwohl die Berichte über die
Unternehmungen im 19. Jahrhundert nur schwer aufzufinden sind, ist es
Wolfgang Heichel gelungen, die wichtigen Dokumente dieser Zeit
zusammenzutragen: historische Berichte, Kartenskizzen, Zeichnungen. Der
Höhepunkt dieses Teils des Buches ist der Bericht über die Expedition
von Albert Mummery im Jahr 1895, der den ersten Besteigungsversuch am
Nanga Parbat unternahm und anschließend mit zwei Helfern am Berg
spurlos verschwand. Bevor Wolfgang Heichel zu den Expeditionen an
bestimmten Flanken des Berges kommt, dokumentiert er weitere
Expeditionen, die sich dem Gebirgsstocks als Ganzes oder seiner Umgebung
gewidmet hatten. Hier und auch bei den folgend beschriebenen
Expeditionen an bestimmten Bergflanken ist der Anhang des Buches
nützlich, der mit Landkarten, Gipfellisten und Panorama-Fotos die
topografischen Verhältnisse deutlich macht.
Die Expeditionen, die mit dem Ziel der
Gipfelbesteigung durchgeführt wurden, sind gemäß der vier Bergflanken
Nord (Rakhiot-Flanke), West (Diamir-Flanke), Süd (Rupal-Flanke) und Ost
(Chongra-Flanke) geordnet. Viele dieser Unternehmungen sind mit
Original-Berichten, eigenen Erläuterungen, Fotos älteren und neueren
Datums sowie mit in Fotos eingetragenen Routenverläufen dokumentiert.
In der Kombination dieser Hilfsmittel ist es dem Autor gelungen, die
Ereignisse in ihrem wesentlichen Zügen so darzustellen, dass sie für
jeden Leser, also nicht nur für den Spezialisten, verständlich sind.
Die eingeflochtenen Original-Berichte der Bergsteiger selbst vermitteln
einen besonders lebhaften Eindruck von den besonders schwierigen und oft
kritischen Situationen am Berg.
Schwerpunkte der Expeditionsberichte sind
natürlich die deutschen Expeditionen der 1930er-Jahre, von denen zwei
mit fürchterlichen Unglücken endeten, die Erstbesteigung im Jahr 1953,
die erste Besteigung durch die Diamir-Flanke im Jahr 1962, die
Erstbesteigung durch die Rupalflanke im Jahr 1970, die erste Besteigung
im Alleingang 1978. Aber auch Aufsehen erregende Expeditionen aus
jüngerer Zeit, die meist mit Eröffnung neuer Routen verbunden waren,
werden ausführlich gewürdigt, als da sind: die erste Besteigung des
Nordgipfels, weitere neue Erschließungen im nördlichen Bereich der
Diamir-Flanke, die sächsische Expedition von 2004 mit ihren
dramatischen Ereignissen, die erste Überschreitung des Mazeno-Kammes im
Jahr 2008, die erste Besteigung durch die Nordwestflanke im Jahr 2009,
die Besteigung über eine neue Route in der südwestlichen Rupalflanke
im Jahr 1976, die Erstbegehungen an weiteren Pfeilern der Rupalwand in
den Jahren 1982, 1985, 2004 und 2005, die Erstbesteigung über
Mazeno-Kamm und Südwestgrat im Jahr 2012. Viele weitere Unternehmungen
- oft interessante Wiederholungen mit Routenvarianten - sind in Wort und
Bild gewürdigt. In Summe: alle Expeditionen - mit oder ohne
Gipfelerfolg - sind aufgeführt. Die Teilnehmer sind benannt, soweit sie
der Autor irgendwie in Erfahrung bringen konnte. Auch neuere
Expeditionen zu den Bergen in der Umgebung des Nanga Parbat sind
aufgenommen. Vor allem die interessante Bergwelt im Süden des Nanga
Parbat mit einer Reihe von Sechstausendern wird dadurch (endlich)
vorgestellt und begreifbar gemacht.
Auf eine weitere hervorzuhebende Leistung
des Autors sei hingewiesen: Aus den vielen Bildern, fotografiert von den
Routen der einzelnen Bergflanken oder aus der näheren oder weiteren
Umgebung, ergibt sich ein vollständiges Bild des mächtigen
Gebirgsstocks. Mit den Nummerierungen der Erhebungen in Karten und
Bildern wird die wichtige Frage zu den Fotos beantwortet "was ist
was" - selbst bei den unbenannten Gipfeln. Die Vielzahl der Bilder
von der Gipfelzone des Nanga Parbat - von allen Flanken, oft mit
eingetragenen Routen und Routenvarianten - erklärt sogar diesen Bereich
des Berges, der am Nanga Parbat besonders komplex ist und der so selten
fotografiert wurde.
Nicht zuletzt ist bewundernswert, in
welchem Umfang Wolfgang Heichel Dokumente aus der ganzen Welt
zusammengetragen hat. Wer ähnliches versucht hat, weiß, wie mühsam
diese Arbeit ist.
Stuttgart, den 22.Juli 2013
Günter Seyfferth
Vom Autor Wolfgang Heichel gibt es
folgende weiteren Chroniken (Bestellung
beim Autor):
- Chronik der Erschließung des Karakorum
- Teil I - Western Karakorum
342 Seiten, Paperback, Großformat, detaillierte Landkarten,
Fotos, Gipfellisten
- Chronik der Erschließung des Karakorum
- Teil II - Central Karakorum I
464 Seiten, Paperback, Großformat, detaillierte Landkarten,
Fotos, Gipfellisten
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Gerlinde Kaltenbrunner/Ralf Dujmovits
2 x 14 Achttausender
Bruckmann Verlag GmbH, 2012
ISBN 978-3-7654-6093-7
Gebunden, 160 Seiten
Format: 300 x 240 x 20 mm, 1325 Gramm
161 Farbfotos, viele im Großformat über 2 Seiten, 2 ausklappbare
Panoramafotos
Preis: Euro 39,95
Die Autoren verfügen über eigene Websites:
-
http://www.gerlinde-kaltenbrunner.at/
-
http://www.ralf-dujmovits.de/
Rezension
als PDF-Datei
|
Das
Ehepaar Gerlinde Kaltenbrunner und Ralf Dujmovits hat einen ganz außergewöhnlichen
Rekord im Höhenbergsteigen aufgestellt: Beide Ehepartner haben die
Gipfel aller 14 Achttausender erreicht. Das hat noch kein Ehepaar vor
ihnen geschafft. Der Korrektheit halber muss vermerkt werden, dass sie
nicht alle diese Gipfel gemeinsam erreicht haben. Die beiden
Berufsbergsteiger (die Österreicherin und der Deutsche) haben sich im
Jahr 2002 am Manaslu kennengelernt; da hatte Ralf Dujmovits bereits 8
der Achttausender bestiegen, Gerlinde Kaltenbrunner 4. Aber auf den
Gipfeln von Annapurna I, Gasherbrum I, Shisha Pangma, Kangchenjunga,
Broad Peak und Lhotse durften sie sich gegenseitig beglückwünschen.
Gerlinde Kaltenbrunner hat sogar eine weitere Bestmarke gesetzt: Als
erste Frau hat sie alle 14 Achttausender ohne Verwendung künstlichen
Sauerstoffs bestiegen, als Letzten – nach mehrmaligem Anlauf - den K2
im Jahr 2011. Ralf ist immerhin der 16. Bergsteiger und der erste
Deutsche, dem die Besteigung aller 14 Achttausender gelungen ist –
vollendet im Jahr 2009 mit der Besteigung des Lhotse.
Sechs der Achttausender haben sie gemeinsam bestiegen, aber auch nach dem
Kennenlernen standen sie am Makalu (Ralf) sowie an Gasherbrum II,
Dhaulagiri I, Everest und K2 (Gerlinde) ohne ihren Lebens-/Ehepartner am
Gipfel. Dem Erzähler Ralf Dujmovits ist es gut gelungen, dem Leser die
Unruhe und Anspannung zu vermitteln, welche sie beide erfasste, wenn sie
zur selben Zeit an verschiedenen Bergen waren. Per Satellitentelefon
versuchte man an den Gipfeltagen Kontakt zu halten, wenn aber der Akku
leer war oder eine andere Ursache die Verbindung blockierte, durchlebte
der jeweils Wartende ein Gefühlschaos, das fast wahnsinnig machte. Nach
einer erneuten unerträglichen Phase der Ungewissheit im Frühjahr 2008
beschlossen sie schließlich, nur noch gemeinsam auf Expedition zu
gehen. In diesen Schilderungen liegt eine der Besonderheiten des „erzählenden“
Bildbandes. Die Faszination, welche die spektakuläre Bergwelt auf den
Menschen ausübt, und die Gefühle zweier eng verbundener Menschen bei
der gefährlichen Besteigung der höchsten Gipfel: Beides zusammen
vermittelt ein fesselndes Bild von der Begegnung der Menschen mit der
wilden Natur. Die erste Begegnung im Jahr 2002
am Manaslu; da knistert es sogar etwas zwischen den Zeilen – in sehr
liebenswürdiger Art und Weise. Aber auch die Konfrontation mit dem Tod
gehört zur Welt des Bergsteigens, oft nur schwer verkraftbar.
Die
Faszination der Berge des Himalaya – dafür stehen insbesondere die
vielen beeindruckenden Bilder des großformatigen Bildbandes. Das Buch
beginnt da mit einem „Paukenschlag“: Doppelseitige und zwei
ausklappbare dreiseitige Panoramen, letztere vom Gipfel des Lhotse und
des K2 mit absolutem Seltenheitswert. Viele weitere ganz- oder
doppelseitige Bilder sind ebenfalls wirklich sehenswert. Der mehrjährige
Kampf von Gerlinde um den Gipfelerfolg am K2 hat da selbstverständlich
seinen besonderen Stellenwert, und damit endet auch das Buch – mit der
Besteigung des K2 über den schwierigen und gefährlichen Nordgrat im
August 2011, ihrem 14. Achttausender. Weitere Fotografien beleben die
Schilderungen der Episoden am Berg oder beim Anmarsch.
Wenn man gute Bilder betrachtet, welche aus großen Höhen gemacht wurden,
sollte man sich immer bewusst sein, dass auch die Arbeit dieses
Fotografierens eine große Leistung darstellt. Die Sinne des Menschen haben
in großen Höhen eigentlich schon genug mit den Schwächen und Nöten des
Körpers zu tun, die durch Sauerstoffmangel und Erschöpfung verursacht
sind. Da bedarf es für jede Fotografie einer großen zusätzlichen
Willensanstrengung. Zudem zählt hier das Gewicht des (guten) Fotoapparates
ein Vielfaches gegenüber dem Flachland.
Im Buch sind bei jedem der Achttausender in einer speziellen Kolumne einige
Merkmale des Berges in knapper Form festgehalten: Erste Besteigung,
erste Frauenbesteigung, erste Winterbesteigung, Datum der Besteigung von
Kaltenbrunnner/Dujmovits, Erklärung des Namens, einige besondere
Anmerkungen. Der weit überwiegende Teil der Texte ist den persönlichen
Erlebnissen gewidmet, natürlich beschränkt auf ausgewählte Episoden,
denn eine vollständige Schilderung aller Unternehmungen würde jeden
vernünftigen Rahmen sprengen. Das Notwendige zum Verständnis des
bisherigen Lebenswerks des Ehepaares Kaltenbrunner/Dujmovits wird aber
dennoch zum Ausdruck gebracht. So erlebt man auch den Wandel des jungen
und noch leichtsinnigen Bergsteigers Dujmovits zum verantwortlichen und
um das Leben anderer besorgten Leiter von Expeditionen. Ohne Zweifel
wurde seine Bereitschaft zum Risiko nochmals gedämpft, als Gerlinde
Kaltenbrunner in sein Leben trat.
Stuttgart,
den 13. Oktober 2012
Günter
Seyfferth
|
Reinhold Messner
Cho Oyu - Göttin des Türkis
Piper Verlag GmbH, München, 2012
(Malik)
ISBN 978-3-89029-417-9
Gebunden, 286 Seiten
Format: 145 x 222 x 28 mm, 500 Gramm
13 Farbfotos, s/w-Fotos
1 doppelseitige Landkarte mit Besteigungsrouten
Preis: Euro 19,99
Das Buch ist im Juli 2015 auch als
Taschenbuch erschienen:Reinhold Messner
Cho Oyu - Göttin des Türkis
Piper Verlag GmbH (Malik) , München, 2012
(Malik)
ISBN 978-3-492-40548-5
Paperback, 221 Seiten
Format: 120 x 180 x 15 mm, 320 Gramm
13 Farbfotos, s/w-Fotos
1 doppelseitige Landkarte mit Besteigungsrouten
(Der Inhalt ist weitestgehend identisch mit der
gebundenen Version. Lediglich die umfangreiche Liste der Besteiger des Cho
Oyu wurde nicht in die Taschenbuchausgabe aufgenommen.)
Preis: Euro 14,99
Der
Autor verfügt über eine eigene Website:
http://www.reinhold-messner.de
Rezension als PDF-Datei | Vorbemerkung:Da
ich auf Nachfrage die Kapitel mit der Übersicht über Erkundung,
Erstbesteigung und Erstbegehungen neuer Routen verfasst sowie die
Eintragungen in der Karte im Buch-Nachsatz beigesteuert habe, bin ich
als Rezensent befangen. Ich beschränke mich deshalb im Wesentlichen auf
eine Inhaltsübersicht.
Die sog. Normalroute auf den Cho Oyu, mit 8201 m Höhe der sechsthöchste
Berg der Erde, gilt unter den Höhenbergsteigern als die Leichteste
aller Routen der 14 Achttausender des Himalaya. Entsprechend „überrannt“
wird der Berg von den Bergsteigern aller Länder, seit der Zugang von
Tibet offen ist. Mit über 3200 Besteigungen bis zum vergangenen Jahr
ist er nach dem Mount Everest der am häufigsten bestiegene 8000er.
Betrachtet man aber den zeitlichen Verlauf der Besteigungen, so fällt
auf, dass die Besteigung von Reinhold Messner, Michl Dacher und Hans
Kammerlander am 5. Mai 1983 erst den 4. Gipfelerfolg markiert. Innerhalb
der 29 Jahre seit der Erstbesteigung im Jahr 1954 waren damit erst 10
Menschen am Gipfel gewesen. Erst ab dem Jahr 1985 mit der Öffnung des
Zugangs von Tibet stieg die Zahl der Gipfelbezwinger auf über 10 pro
Jahr. Derzeit kann es sein, dass sich an einem einzigen Tag mehr
als 100 Menschen am Gipfel einfinden.
Außerhalb der sog. Normalroute, welche in
der Nordwestflanke des Berges, also auf chinesischem Staatsgebiet verläuft,
gibt es am Cho Oyu eine Reihe anderer Routen, die aber aufgrund ihrer
Schwierigkeiten und Gefahren nur im Blickfeld weniger Spitzenbergsteiger
stehen und die auch nur wenig bekannt sind. Im Dezember 1982 versuchte
Reinhold Messner mit einer kleinen Expedition die erste
Winter-Durchsteigung der schwierigen und äußerst gefährlichen Südostwand.
Sie kämpften nicht nur gegen die großen objektiven Gefahren dieser
wilden Bergflanke, sondern auch gegen extreme Winterstürme und große Kälte.
Auf 7600 m Höhe wurden die Bergsteiger von grundlosem Tiefschnee und
extremer Lawinengefahr zur Umkehr gezwungen.
Im folgenden Frühjahr kehrte Messner mit
Michl Dacher und Hans Kammerlander zum Berg zurück. Man versuchte,
einen Eindruck von dem auch heute noch unbezwungenen langen Südwestgrat
zu gewinnen, katastrophale Wetterbedingungen ließen aber nicht einmal
eine vernünftige Sicht auf diesen Grat zu. Sie gingen weiter in
Richtung des berühmten 5716 m hohen Grenzpasses Nangpa La. Über diesen
Pass ist der Volksstamm der Sherpas vor rund 500 Jahren von Tibet
kommend in sein heutiges Siedlungsgebiet Solo-Khumbu eingewandert. Das
Buch gibt einen kleinen Einblick in diese Wanderung und versucht eine
Erklärung. Die Überlieferungen lassen allerdings vieles offen.
Wegen zahlreicher illegaler Überschreitungen
des Nangpa La, war inzwischen sogar der Zugang zum Pass verboten. Messner
hatte seine Genehmigung im Jahr 1983 wohl nur seiner Berühmtheit zu
verdanken, aber auch er durfte den Pass nicht überschreiten. Man fand
einen Ausweg über eine unscheinbare Scharte im Bergkamm zwischen Nangpa
La und Cho Oyu und erreichte so die Westflanke des Berges. Dass sich die
Bergsteiger auch dort auf chinesischem Staatsgebiet befanden, war damals
noch nicht so klar wie heute. Messner, Dacher und Kammerlander waren
aber dennoch froh, dass sie bei der Durchsteigung der unteren Westflanke
nicht gesehen werden konnten und weiter oben nur noch fast unsichtbare Pünktchen
in der riesigen Bergflanke waren. Ab 6700 m bewegten sie sich auf der
heutigen Normalroute. Es war eine Besteigung im klassischen alpinen
Stil; für Messner war es der zehnte Achttausender.
Die wirren Verhältnisse um den Grenzverlauf
beschäftigten auch bereits die Briten bei ihrem Besteigungsversuch im
Jahr 1952 und die Erstbesteiger Herbert Tichy und Sepp Jöchler (Österreich)
mit dem Sherpa Pasang Dawa Lama. Alle waren in Sorge, von chinesischen
Grenzsoldaten entdeckt zu werden. Messner ist voller Bewunderung für
die Leistung, welche die - für damalige Verhältnisse - winzige
Expedition der Österreicher im Oktober 1954 mit der Erstbesteigung des
Cho Oyu vollbracht hat - ohne Verwendung künstlichen Sauerstoffs. So
widmet er ein Kapitel dieser Expedition und lässt den Leser an dieser
wirklich bewundernswerten Besteigung teilhaben, deren Erfolg vor allem
dem unbändigen Willen und der unglaublichen Ausdauer des Sherpas Pasang
Dawa zu verdanken ist. In einem anderen Kapitel berichtet Edi Koblmüller
über die Erstdurchsteigung der Südostwand im Oktober 1978, die dritte
Besteigung des Berges.
Messner lässt verschiedene Erzähler zu Wort
kommen, so dass unterschiedliche Sichten auf das Wesen von Höhen-Expeditionen
und deren Protagonisten deutlich werden. Sein eigener Stil des Erzählens
– u.a. gekennzeichnet durch das Einfügen von Zitaten - vermittelt
deutlich mehr als die nüchterne Aufzählung von Fakten der einzelnen
Expeditionstage. Zur Winterexpedition 1982 hatte er sogar zwei Maler
eingeladen und lässt sie aus der Warte des bergsteigerischen Laien vom
Fuß des Berges berichten. Es war seine „barocke“ Expedition.
Das Buch befasst sich hauptsächlich mit der
Zeit bis zur Besteigung im Jahr 1983. Die Ereignisse um die Erschließung
neuer Routen bis heute werden ergänzend in knapper Form festgehalten unter
Benennung aller Expeditionsteilnehmer und der für die Angaben
verwendeten Quellen. Den Abschluss des Buches bildet die Liste aller
Gipfelbesteiger aus der Feder der berühmten Elizabeth Hawley, welche
seit vielen Jahren in Kathmandu akribisch die vom Berg zurückkehrenden
Expeditionsteilnehmer befragt.
Messner hatte natürlich bereits früher über
seine Expeditionen zum Cho Oyu geschrieben. So kann man – einen Teil
der Berichte betreffend – von einer Neuauflage sprechen.
Stuttgart,
den 22. Oktober 2012
Günter
Seyfferth
|
Hans Kammerlander mit Walter Lücker
Zurück nach Morgen -
Augenblicke an den 14 Achttausendern
Piper Verlag GmbH, München, 2012
(Malik)
ISBN 978-3-89029-414-8
Gebunden, 340 Seiten
Format: 270 x 298 x 30 mm, 2250 Gramm
230 Farbfotos
Preis: Euro 39,99
Der Autor verfügt über eine eigene
Website:
http://www.kammerlander.com/
Rezension als PDF-Datei
|
Es gibt bereits mehrere Bücher von Hans Kammerlander. Dieses aber ist
sein erster Bildband im Großformat. Es ist ein erzählender Bildband,
denn 340 Seiten geben auch ausreichend Raum für Worte. Das Thema sind
die 14 Achttausender des Himalaya - aus seiner ganz persönlichen Sicht
und mit den von ihm selbst aufgenommenen Bildern. Bei 12 dieser Giganten
hat er den Gipfel erreicht - immer ohne Verwendung künstlichen
Sauerstoffs. Am Shisha Pangma war er, ohne es zunächst zu wissen,
"nur" am Mittelgipfel und damit 19 m unterhalb des
Hauptgipfels. Im Nebel hatte er nicht erkannt, dass es noch etwas weiter
bergauf geht. Am Manaslu hatte er das fürchterlichste Erlebnis seiner
Besteigungen, als innerhalb von 4 Stunden zwei seiner engsten Freunde
ums Leben kamen, Friedl Mutschlechner direkt neben ihm vom Blitz
erschlagen. Kammerlander ist bisher nicht wieder an diesen Berg zurückgekehrt.
Augenblicke an den 14
Achttausendern": In den Erzählungen hält Kammerlander Ausschnitte
aus seinen Erlebnissen an diesen Bergen fest. Die Ereignisse, die ihn am
meisten beeindruckt haben, waren Thema von vielen Gesprächen mit seinem
Freund und Koautor Walther Lücker, der ihn auf mehreren Expeditionen
und zahlreichen Touren in den Heimatbergen begleitet hat. Lücker hat
Kammerlanders Erlebnisse also vor dem Hintergrund des starken persönlichen
Eindrucks von den Berggiganten aufgenommen, aber auch in guter Kenntnis
des Menschen Kammerlander und dessen Grundhaltung zu Natur und
Bergsteigen. Daraus sind realitätsnahe und fesselnde Erzählungen
geworden, in gutem und flüssigem Stil zu Papier gebracht. Oft sind es
Erlebnisse voller Dramatik, welche die Gefahren des Bergsteigens an
diesen Gipfeln deutlich machen. Dass auch Höhenbergsteiger nur Menschen
sind, die ihre Schwächen haben und dadurch Gefahren oder kuriose
Situationen heraufbeschwören, wird nicht verschwiegen.
Nicht jeder veröffentlichende Bergsteiger
geht offen damit um, dass ihm andere bei einem Buch geholfen haben. Dass
Kammerlander es tut, ehrt ihn. Der Leser kann die Zusammenarbeit nur
begrüßen, denn andernfalls hätte er entweder gar nichts oder
zumindest weniger in den Händen. Verlangen wir bitte nicht zu viel von
einem Höhenbergsteiger! Dass auch Kammerlander erzählen und Erlebtes
deutlich machen kann, beweist er in seinen Vorträgen.
Kammerlander widmet sich auch den allgemeinen
Herausforderungen, welche das Höhenbergsteigen in vielfältiger Weise für
den Bergsteiger bereithält. Aus der Mischung von persönlichen
Erlebnissen und den Beschreibungen der extremen Anforderungen und
Gefahren entsteht ein Bild von der phantastischen Bergwelt des Himalaya
und dem dort ausgeübten Extremsport des Höhenbergsteigens, das äußerst
beeindruckend und auch für den Laien begreifbar ist. Die Dimensionen
der Berge und die Anforderungen an die Menschen, die sich an ihre Grate
und Wände wagen: beides wird in diesem Buch tatsächlich
"erlebt". Dazu tragen auch die vielen, oft großformatigen
Farbbilder bei. Es ist eine Bergwelt, die man auch optisch aufnehmen
muss, um die Faszination, welche sie auf die Menschen ausübt, zu verspüren.
Dazu gibt das Buch als Bildband gute Gelegenheit.
Kammerlander hat seine ersten 7 Achttausender
zusammen mit Reinhold Messner bestiegen. Als er von diesem erstmals im
Jahr 1982 zu einer Expedition am Cho Oyu eingeladen wurde, war er mit
seinen 26 Jahren zwar ein erfahrener Kletterer, aber ohne Kenntnisse vom
Bergsteigen in den ganz großen Höhen. So wurden es erste, sehr
lehrreiche und nützliche Jahre. Kammerlander wurde schnell aber auch
ein wichtiger Partner für Messner, auf den dieser vertrauen konnte. Im
anderen Fall hätte er nicht zusammen mit Kammerlander die Doppelüberschreitung
von Gasherbrum II und Gasherbrum I ohne Zwischenabstieg ins Basislager
im Jahr 1984 gewagt. Es entstand eine Partnerschaft, die diese und
weitere Höchstleistungen ermöglichte: Nordwestwand der Annapurna I,
Dhaulagiri I nur 3 Wochen später. Als sie dann im Herbst 1986 den
Makalu und den Lhotse bestiegen hatten, war der ganz große Anreiz des
Himalaya für Messner Vergangenheit; er hatte als erster Mensch alle 14
Achttausender bestiegen.
Es dauerte eine Weile, bis Kammerlander sein
eigenes "Unternehmen Himalaya" aufgebaut hatte. 1990 Nanga
Parbat, dann das schreckliche Erlebnis am Manaslu im Jahr 1991. Drei
Jahre dauerte es, bis sich Kammerlander zu einer neuen Expedition in den
Himalaya durchringen konnte. 1994 Broad Peak, 1996 Shisha Pangma und
anschließend Everest-Nordflanke mit erster Ski-Abfahrt vom höchsten
Berg der Erde. Ja, er hatte seine Skier auf den Gipfel hinaufgeschleppt,
um diesen Plan zu verwirklichen. Nur 16 Stunden hatte er dafür vom
vorgeschobenen Basislager aus gebraucht. Jetzt am Gipfel aber – er
steht ganz alleine da oben - packen ihn Zweifel, ja Angst. Die
Alternative ist verlockend: der überschaubare Abstieg zu Fuß bei guten
Verhältnissen. Die Seelennöte Kammerlanders in diesen Minuten vor der
Entscheidung werden mit den Worten Lückers so deutlich, dass der Leser
versucht ist zu sagen; Lass es, geh den sicheren Weg! Und dann rutscht
und fährt Kammerlander hinunter.
1998 erreicht er den Gipfel des Kangchenjunga und macht dort seinen
berühmten Kopfstand, von seinem Kameraden Konrad Auer fotografiert. Am
dritthöchsten Berg der Erde wiederfährt ihm etwas, was ihm bisher
erspart geblieben war, aber nun seine weiteren Pläne vollkommen über
den Haufen wirft. Er zieht sich schwere Erfrierungen an den Füßen zu
und kommt nur dank eines Rettungsfluges per Hubschrauber und sofortiger
Heimreise um Amputationen herum. Abgesehen vom Albtraum Manaslu war
jetzt nur noch der K2 sein unerreichtes Ziel unter den Achttausendern.
Nach einem Jahr der Rekonvaleszenz ist er 1999 mit Konrad Auer am
zweithöchsten und schwierigsten der Achttausender – und scheitert. Im
Sommer 2000 sind die beiden wieder dort und reisen in einer nicht enden
wollenden Schlechtwetterperiode wieder ab. Schließlich - am 22. Juli
2001 – steht Hans Kammerlander zusammen mit Jean- Christophe Lafaille
auf dem Gipfel des K2. Und damit endet auch das Buch.Zu erwähnen ist noch, dass in dem Buch zu jedem der Achttausender die
Chronik ausgewählter wichtiger Ereignisse zu finden ist.
Stuttgart,
den 24.10.2012
Günter
Seyfferth
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Roberto Mantovani:
Mount Everest
Die Bezwingung eines
Giganten
Mit einem Vorwort von Kurt Diemberger
White
Star Verlag, Vercelli (Italien), 2012
ISBN 978-88-6312-116-2
Gebunden,
184 Seiten
Format: 240 x 328 x 20 mm, 1500 Gramm
237 Farbfotos, viele im Großformat
über 1 oder 2 Seiten,
115 historische s/w-Fotos, 8 historische Landkarten,
1 ganzseitige aktuelle Landkarte
Preis:
Euro 35,00
Rezension
als PDF-Datei
|
Ein
Buch, welches sich mit der Geschichte der Besteigungen eines Berges
befasst und aktuell sein soll, muss gelegentlich fortgeschrieben werden.
So ist dieses, bereits durch sein Äußeres beeindruckende Buch über
die Besteigungsgeschichte des Mount Everest eine Neuauflage des erstmals
1995 erschienen Werkes – jetzt aktualisiert
in Wort und Bild bis zum Jahr 2011.
Der
Mount Everest fasziniert sowohl Bergsteiger als auch Nichtbergsteiger
– seit seiner Entdeckung im Jahr 1852 bis heute. Zunächst, nachdem
Nord- und Südpol erreicht worden waren, war der Gipfel des höchsten
Berges der Erde das noch nicht eroberte geographische Ziel schlechthin,
mit dem ein Forscher, in diesem Fall ein Bergsteiger, zu höchstem
Weltruhm kommen konnte. Von 1921 bis 1952 kämpften Briten und zuletzt
Schweizer darum, die Erstbesteiger zu sein, wobei bis heute die
Ereignisse um Mallory und Irvine aus dem Jahr 1924 nicht abschließend
geklärt sind. 1953 standen schließlich der Neuseeländer Edmund
Hillary und der Sherpa Tenzing Norgay als Teilnehmer an einer britischen
Expedition als erste Menschen auf dem Gipfel des Mount Everest. Dann
folgten die hoch anzuerkennenden Pionierleistungen auf neuen
Besteigungsrouten an Graten und Wänden. Fast alle denkbaren Routen
wurden inzwischen gegangen; die meisten allerdings bleiben auch heute
den wirklichen Könnern des Höhen-Bergsteigens vorbehalten. 1978 gelang
Peter Habeler und Reinhold Messner die erste Besteigung des Mount
Everest ohne Verwendung künstlichen Sauerstoffs – ebenso eine
Weltsensation wie Messners Alleingang im Jahr 1980. Inzwischen haben
Tausende - meist als geführte Bergtouristen mit ihren Sherpas als
unverzichtbare Routenvorbereiter, Führer, Lastenträger und
Lebensretter - den Gipfel erreicht. Sensationsgier treibt die Menschen
an ihre Grenzen und darüber hinaus. Man muss oben gewesen sein, man
muss der Jüngste, der Älteste, der Schnellste, der erste Blinde, der
erste Beinamputierte, der erste Skiabfahrer, der erste
Gleitschirmflieger etc. gewesen sein – vom Berg zurückgekehrt oder
auch nicht. Vor allem auf den beiden sog. Normalrouten von Norden und
von Süden sind viele Bergsteiger ums Leben gekommen. Gipfeltage sind
von aufsteigenden Menschenschlangen und Staus an schwierigen Passagen
geprägt. Die erfahrenen Himalaya-Alpinisten sind auf diesen überlaufenen
Routen kaum mehr anzutreffen.
All
diese Phasen des Alpinismus am Mount Everest – die Entdeckung, die
Erkundung, die Besteigungsversuche, die Erstbesteigung, die
Erstbegehungen anderer Routen, den Besteigungstourismus sowie dessen
Auswüchse erfasst der Autor in seinem großformatigen und großartigen
Buch. Er tut es in einer bestechend gelungenen Kombination von Wort und
Bild. Das sehr umfangreiche Bildmaterial vermittelt spektakuläre
Sichten auf die Flanken des riesigen Berges, auf dessen Grate, auf seine
Gletscher. Die ausgewählten Bilder von den besonderen Ereignissen
vermitteln zusammen mit den übersichtlichen Texten, welche
Schwierigkeiten zu bewältigen waren und welche bergsteigerischen
Leistungen erbracht wurden. Es liegt in der Natur der Sache, dass erst
ein wiederholtes Studium der Bilder, Karten und Texte ein schlüssiges
Gesamtbild vom Mount Everest und seiner Geschichte vermitteln kann. Die
Ausmaße dieses Berges sind zu ungewöhnlich, die topographischen
Gegebenheiten und Ereignisse an den Flanken und Graten zu
unterschiedlich, als dass all das zugehörige Material auf einen ersten
Blick in jeglicher Art von Zusammenhang erfasst werden könnte. Einer der großen Vorzüge des Buches ist
es aber, dass es dem Leser und Betrachter genau dieses gewünschte
Gesamtbild von diesem Giganten des Himalaya und seiner Geschichte zu
vermitteln vermag, ohne dass er andere Bücher oder Karten zu Hilfe
nehmen muss. Es gibt nur wenige Bücher der Everest-Literatur, die eben
solches zu leisten vermögen. Die Spannung beim zweiten oder dritten
Lesedurchgang und Bildstudium lässt nicht nach. Im Gegenteil: Man nimmt
schon Gelesenes im Zusammenhang auf und fügt die optischen Einzeleindrücke
mehr und mehr zum einem äußerst beeindruckenden Gesamtbild zusammen
– dem Mount Everest als Giganten der Berge und seine
Besteigungsgeschichte als Abbild der Geschichte des Höhenbergsteigens.
Hoch
anzuerkennen ist die Leistung des Autoren und des Redaktionsteams,
welche mit dem Zusammentragen und der Beschaffung der Veröffentlichungsrechte
des umfangreichen Bildmaterials erbracht wurde. Die meisten Bilder
konnten nur die Protagonisten des jeweiligen Ereignisses machen; sie
haben also „berühmte“ Autoren und sind entsprechend einmalig.
Ein
paar Unkorrektheiten bei den Bildbeschriftungen sowie der
seitenverkehrte Abdruck des Bildes auf Seite 120/121 sind u. U. der
Menge des verwendeten Materials geschuldet; sie sind kein Grund, auf den
Kauf des Buches zu verzichten. Ich habe diese kleinen Mängel dem Verlag
zur Berücksichtigung bei der nächsten Druckauflage mitgeteilt.
Stuttgart,
den 3. Oktober 2012
Günter
Seyfferth
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Charlie Buffet
Pionier am K2 - Jules
Jacot-Guillarmod
Entdecker und Fotograf im Himalaya - 1902 - 1905
AS
Verlag & Buchkonzept AG, Zürich, 2012
ISBN 978-3-906055-02-2
Gebunden,
152 Seiten
Format: 248 x 305 x 18 mm, 1300 Gramm
ca. 185 s/w-Fotos
1 Landkarte des Baltoro 1: 200.000
Preis:
Euro 43,90
Rezension
als PDF-Datei |
Der erste
Besteigungsversuch am K2 im Jahr 1902 und der erste Besteigungsversuch
am Kangchenjunga im Jahr 1905: Beide Expeditionen sind legendär, einer
der Teilnehmer, Aleister Crawley skandalumwittert, die Expedition zum
Kangchenjunga beendet in einer Katastrophe. An beiden Expeditionen nahm
der Schweizer Arzt und Fotograf Jules Jacot-Guillarmod teil. Dieser
außergewöhnliche Mann hatte fast sein gesamtes Leben lang Tagebuch geführt und
aus dem Himalaya Tausende Fotografien auf Glasplatten mitgebracht -
einzigartige Fotodokumente, die neben den berühmten Fotografien des
Italieners Sella zu den wichtigsten Dokumenten der frühen Geschichte des
Himalaya zählen.
Der Journalist und Schriftsteller Charlie
Buffet erfuhr vor zehn Jahren von der Existenz dieser über 12.000
Fotografien, die gut geordnet in Kisten verpackt waren. Man muss sich
vorstellen, welche Mühe es für den Fotografen und seine Träger damals
bedeutete, dieses Material sicher nach Europa zu bringen. Dass es so
lange der Öffentlichkeit verborgen geblieben war, liegt wohl an den
Skandalen, welche der Teilnehmer und Okkultist Crawley ausgelöst hatte
und welche die Leistungen von Jacot-Guillarmod vollkommen verdrängt
hatten. Bei der Sichtung entdeckte Buffet, dass viele Fotos überlappend
aufgenommen waren. Jacot-Guillarmod hatte also bereits daran gedacht,
dass man mehrere Fotografien nebeneinander legen und daraus Panoramen
machen konnte. Diese Idee ist dann von Buffet und dem Verlag in dem
vorliegenden Buch verwirklicht worden.
Charlie Buffet und der AS-Verlag haben
mit der Zusammenstellung und Veröffentlichung der wichtigsten
Fotografien von Jules Jacot-Guillarmod hervorragendes geleistet. Mit dem
Buch haben wir bisher unbekanntes und äußerst aufschlussreiches
Bildmaterial aus der Anfangszeit der Besteigungsgeschichte des Himalaya
in den Händen. Mit der Beschreibung der beiden Expeditionen anhand der
Tagebuchaufzeichnungen von Jacot-Guillarmod erhalten wir ein klareres Bild
von den ersten großen Unternehmungen am zweit- und dritthöchsten Berg
der Erde. Das Buch eröffnet eine Sicht auf frühe Ereignisse im
Himalaya, wie wir sie bisher kaum gekannt haben. Es weckt den Wunsch
nach mehr auch von anderen frühen Expeditionen. Die Fotografien,
die ja schon mehr als 100 Jahre alt sind, führen uns sogar vor Augen,
welche Veränderungen der Klimawandel am Baltoro- und am
Yalung-Gletscher bewirkt hat. Wer über aktuelles Vergleichsmaterial
verfügt, wird die historischen Aufnahmen auch unter diesem Aspekt
sichten und erstaunt sein.
Im Jahr 1902 brach eine kleine
internationale Expedition mit 6 Teilnehmern zum K2 im Karakorum auf.
Unter den Teilnehmern war neben dem bereits erwähnten Briten Crawley
auch der Bergführer Oskar Eckenstein, den Alpinisten als Erfinder der
Steigeisen und des Eispickels bekannt. Eckenstein hatte am
Concordia-Platz den K2 zum zweiten Mal vor Augen, denn er war bereits
Teilnehmer an der Expedition von Martin Conway im Jahr 1892 gewesen, die
sich aber von dort den Bergen um den oberen Baltoro-Gletscher zugewandt
hatte. Jetzt ging man über den Godwin-Austen-Gletscher nach Norden
direkt auf den K2 zu und schwenkte an seinem Fuß nach Nordosten in das
bisher vollkommen unbekannte obere Gletscherbecken. Am Fuß des später
sogenannten Abruzzen-Grates, der Route der Erstbesteiger im Jahr 1954,
wurde das Basislager aufgeschlagen. Diesen Grat schätzte man als
unbegehbar für die Träger ein und wandte sich dem Nordostgrat zu.
Lange Schlechtwetterperioden und Höhenkrankheit setzten den Teilnehmern
zu. Die lange Zeit des sehr engen Zusammenlebens in den Zelten erzeugte
Gereiztheit und Spannungen. Am Nordostgrat, wo nur eine Höhe von 6600 m
erreicht wurde, musste man erkennen, dass man auch hier keine Chance
hatte. Ein anschließender Besteigungsversuch am benachbarten Skyang
Kangri scheiterte. Crawley tat so gut wie gar nichts, rühmte sich aber
später, die Route am Abruzzengrat entdeckt zu haben. So lagen
schließlich die Nerven blank, und man ging sich aus dem Weg. Sogar der
duldsame Jacot-Guillarmod fand am Schluss fast nur noch bittere Worte.
Umso verwunderlicher ist es, dass
Jacot-Guillarmod drei Jahre später wieder mit Aleister Crowley
unterwegs war, jetzt zur Südwestflanke des Kangchenjunga. Auf dieser
Expedition, bei der am Berg eine Höhe von 6500 m erreichte wurde,
erwies sich Crowley als unerträglicher Despot. Und die Expedition
endete in einer Katastrophe. Am 28. August verunglückte ein Sherpa
tödlich, am 1. Sept. stürzte eine Sechserseilschaft, bestehend aus
Jules Jacot Guillarmod, Alexis Pache, Rigo de Righi und drei Sherpas in
einer Lawine ab. Pache und die drei Sherpas waren tot. Crawley blieb
vollkommen unberührt, reiste ab, während die anderen die Leichen
bargen, und beschuldigte später seine Kameraden des Mordes.
Zwei der ersten Expeditionen zu den
höchsten Bergen der Erde, bergsteigerisch nicht besonders erfolgreich,
äußerst belastet durch zwischenmenschliche Spannungen - und dennoch so
erfolgreich in der fotografischen Ausbeute dank der leidenschaftlichen
Arbeit von Jules Jacot-Guillarmod. Über 100 Jahre nach dem Geschehen
liegt uns ein Buch vor, das uns informiert und uns vor allem dieses
großartige fotografische Werk von größter Seltenheit präsentiert.
Stuttgart, den 28. Oktober 2012
Günter Seyfferth
|
Ueli Steck mit Karin Steinbach
8000
+ - Aufbruch in die Todeszone
Piper Verlag GmbH, München, 2012
(Malik)
ISBN 978-3-89029-407-0
Gebunden, 254 Seiten
Format: 145 x 222 x 26 mm, 500 Gramm
43 Farbfotos
1 Übersichtskarte
Preis: Euro 19,99
Der Autor verfügt über eine eigene
Website:
http://www.uelisteck.ch/
Rezension
als PDF-Datei |
Der
Schweizer Bergsteiger Ueli Steck ist in Bergsteigerkreisen und weit darüber
hinaus durch seine sog. Speed-Klettertouren bekannt geworden. So hat er
z.B. im Jahr 2008 die Eiger-Nordwand auf der Route der Erstbesteiger in
2 Stunden und 47 Minuten durchstiegen. Dieser Rekord ist allerdings
inzwischen schon wieder unterboten worden. Weitere bekannte Routen in
den Alpen hat er ebenfalls in Rekordzeit durchstiegen - immer im
Alleingang.
Klettern
in Fels und Eis - nach und nach in immer höheren Schwierigkeitsgraden,
dann auch das freie Klettern schwieriger Routen: das war Ueli Steck's
Leidenschaft in den ersten Bergsteigerjahren, doch im Jahr 2001
entschloss er sich zur Teilnahme an einer Expedition zum Pumori, dem
7145 m hohen Nachbarberg des Mount Everest, weil er eine andere Art der
Herausforderung suchte. Zusammen mit Ueli Bühler gelingt ihm die
Erstbegehung der Westwand der Pumori - im Alpinstil. Im Jahr 2002 folgt
ein Besteigungsversuch am Jannu im Ost-Himalaya mit Erhard Loretan.
Nicht nur die bergsteigerischen und psychischen Herausforderungen
gefallen ihm, sondern auch die Art, sich diesen großen Bergen zu nähern.
Der lange Anmarsch, das Kennenlernen der Bergvölker, der Umgang mit den
Trägern, die erzwungene Langsamkeit während der Phase der
Akklimatisation, das Leben im Zelt. Es ist ein extremer Gegensatz zu den
Wanddurchsteigungen in den Alpen, wo er oft morgens zum Wandfuß kam und
mittags oder abends schon wieder zu Hause war. Steck erkennt, dass ihn
diese Welt und diese Art des Erlebens auf Dauer mehr befriedigen wird
als die Jagd nach Speed-Rekorden, die ohnehin nicht allzu lange Bestand
haben.
Und
so wächst eine neue Leidenschaft heran: die Giganten des Himalaya und
deren Wände. Die Erzählungen des Buches umfassen die Zeit von der
ersten Himalaya-Expedition im Jahr 2001 bis zum Jahr 2011. In dieser
Zeit vollzieht sich ein Wandel im Bergsteiger und Menschen Steck.
Speed-Besteigungen in den Alpen und dann auch im Yosemite-Nationalpark
der USA macht er nach wie vor, doch er geht sie bedachter an, um das
Risiko zu reduzieren. Steck räumt ein, dass da die Verantwortung für
seine Freundin Nicole, die er 2008 heiratete, durchaus eine Rolle
gespielt hat. Mit ihr zusammen besteigt er u.a. die Ama Dablam südlich
des Everest. Was die Höhe der Gipfel betrifft, geht Steck zunächst mit
relativ bescheidenen Zielen in den Himalaya. Die Routen, die er wählt,
gehen allerdings an die Grenzen seines bergsteigerischen Könnens:
Cholatse Nordwand - erste Solo-Begehung, Taboche-Ostwand - erste
Solobegehung, Gasherbrum II Ostgipfel - Erstbegehung der Ostwand, Pumori
Westwand - Solobegehung, Tengkangboche Nordwand. Und immer ist er
schnell - sehr schnell. Schnelligkeit ist für Steck auch eine Art
Lebensversicherung, denn damit ist er den unvermeidlichen Gefahren
weniger lang ausgesetzt.
Zwischendurch
unternimmt Steck im Jahr 2006 einen Besteigungsversuch an der
Annapurna-Südwand, bricht diesen aber nach einem Sturz, den er knapp überlebt,
ab. Zwei Jahre später ist er wieder am Fuß der Wand, kommt aber gar
nicht an seine Route, denn er muss drei Bergsteigern zu Hilfe kommen,
die im rechten Teil der Südwand beim Abstieg vom Ostgrat in 7400 m Höhe
in Not geraten sind. Er ist der einzige, der die Bergsteiger überhaupt
erreichen kann. Zwei von ihnen gelangen mit Mühe vom Berg herunter, der
Dritte stirbt neben Steck im Hochlager. Steck selbst kann sich nur unter
größter Anstrengung retten.
So
dauert es bis zum Jahr 2009, bis Steck seinen ersten Achttausender
besteigt: den Gasherbrum II. Steck ist der Einzige, der in diesem Jahr
den Gipfel erreicht. Es folgt im selben Jahr der Makalu. Dann 2011
Shisha Pangma Südwand - erster Solo-Durchstieg, Cho Oyu auf der
Normalroute, Versuch am Everest bis 8750 m auf der Nordseite. Den Gipfel
des Everest hat er dann im Jahr 2012 von der Südseite her erreicht -
ohne Verwendung künstlichen Sauerstoffs.
Es
muss eine sehr intensive Zusammenarbeit zwischen Ueli Steck und der
Literaturwissenschaftlerin Karin Steinbach - sie ist u.a. spezialisiert
auf das Thema des Alpinismus - stattgefunden haben, denn die Erzählungen
Stecks wirken, so wie sie für das Buch niedergeschrieben wurden,
authentisch - ob es um die Schilderungen des Bergsteigens geht oder um
die Sicht des Menschen Steck auf sein Leben und Handeln. Die Erzählungen
beginnen mit dem Jahr 2011 am Everest und enden mit dem Jahr 2011 in der
Südwand des Shisha Pangma. Dazwischen spannt sich der Bogen der
Erlebnisse aus den zurückliegenden 10 Bergsteigerjahren.
Stuttgart, den 31. Oktober 2012
Günter Seyfferth
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Kurt
Diemberger:
Unterwegs
zwischen Null und Achttausend
Bilder aus meinem Leben
AS
Verlag & Buchkonzept AG. Zürich, 2012
ISBN 978-3-909111-92-3
Gebunden,
240 Seiten
Format: 220 x 277 x 25 mm, 1300 Gramm
204 Farbfotos, 71 s/w-Fotos, 3 Skizzen
Preis:
Euro 43,90
Rezension
als PDF-Datei
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Am 18. März 2012 hat Kurt Diemberger seinen
achtzigsten Geburtstag gefeiert. Kurt Diemberger – heute meist in
Bologna lebende Legende des Bergsteigens, Buchautor, Filmemacher, Erzähler,
Fotograf, usw.. Da reicht ein Buch für einen umfassenden Rückblick gar
nicht aus. Dennoch vermittelt dieses Buch eine beeindruckte Einsicht in
ein Leben, das von dem Wunsch nach intensiven und besonderen Erlebnissen
bestimmt war. Als „Bilder aus meinem Leben“ schildert Diemberger zunächst
die Episoden, Erlebnisse, Abenteuer, die bestimmend für seine
Entwicklung als junger Bergsteiger waren. Dann folgen seine wichtigsten
Expeditionen in den Himalaya und in andere entlegene Gegenden der Erde.
Mit seinem Talent des Erzählens lässt er uns miterleben, mit seinem
umfangreichen Bildmaterial bringt er uns „seine“ Welt auch optisch
nah.
Kurt Diemberger gehört zu der Generation der
Bergsteiger, die das Glück hatte, noch unbestiegene Achttausender
erobern zu können. Diemberger ist sogar einer der beiden Bergsteiger,
die als Einzige die Erstbesteigung von zwei Achttausendern
„verbuchen“ konnten. Der Österreicher Hermann Buhl hatte 1953 den
Nanga Parbat und 1957 den Broad Peak bestiegen. Sein Landsmann
Diemberger war 1957 ebenfalls am Broad Peak dabei und 1960 bei der
Erstbesteigung des Dhaulagigi I erfolgreich. Dass er 1957 die
Gelegenheit zur Teilnahme an einer Expedition in den Himalaya bekam,
beruhte auf seinen großen bergsteigerischen Erfolgen in den Alpen. Von
den dortigen Unternehmungen hat der Autor die Touren aufgegriffen, die
einerseits in der Öffentlichkeit Aufsehen erregten und die ihn
andererseits auch als Bergfotografen bekannt gemacht haben: Matterhorn,
Eiger-Nordwand, Königswand-Direttissima mit Schaumrolle, Peuterey-Grat
am Mont Blanc.
Dann 1957 die Expedition zum Broad Peak: Großer
Erfolg und Tragik mit tödlichem Ausgang zugleich. Im Alter von 25
Jahren zu den Erstbesteigern eines Achttausenders zu zählen, zusammen
mit dem berühmten Hermann Buhl, war die Krönung seines bisherigen
Lebens. Dann, 2 1 /2 Wochen später, muss Diemberger den tödlichen
Absturz seines Seilgefährten Buhl an der Chogolisa im Karakorum
verkraften. Höhepunkt und Tiefpunkt, so nah beieinander! Diese beiden
Ereignisse haben Kurt Diemberger immer wieder beschäftigt. Jetzt
schildert er beide Besteigungen nochmals in eindrucksvollen Worten und
Bildern. Es folgt sein erfolgreiches Himalaya-Jahr 1960. Als Mitglied
der Schweizer Expedition steht er am 13. Mai 1960 auf dem Gipfel des
Dhaulagiri I. Der 13. der 14 Achttausender ist jetzt bestiegen, und
Diemberger hat seine zweite Erstbesteigung eines Achttausenders „in
der Tasche“. Natürlich zeigt der Fotograf Diemberger auch von dieser
Expedition beeindruckende Bilder. Zu den Fotomotiven zählt auch das
Gletscherflugzeug, das Expeditionsmitglieder und Vorräte auf den 5750 m
hohen Nordostsattel brachte und schließlich am Dhampus-Pass verunglückte
– mit glimpflichem Ausgang für die beiden Piloten.
Die weiteren Stationen seines Lebens, die
Diemberger in dem Buch erzählend und mit vielen Bildern festhält, sind
seine Expeditionen in den Hindukush mit Besteigung des Tirich Mir, dann
sein Aufenthalt im Westen USA mit Besuchen der Nationalparks sowie ein
Filmabenteuer am Orinoko. Aber Diemberger ist ja Bergsteiger aus
Passion, und so folgt die zweite große Phase seiner Erlebnisse im
Himalaya mit der Erstbesteigung des Shartse im Ostgrat des Lhotse im
Jahr 1974 und den Besteigungen von Makalu und Mount Everest im Jahr
1978, beschrieben weniger mit Worten als mit Bildern, wie man sie sonst
nur selten oder gar nicht (vom Shartse) zu Gesicht bekommt.
Als Diemberger 1979 in den Karakorum zurückkehrt,
fallen ihm als erstes die vielen Menschen auf, die jetzt am
Baltoro-Gletscher unterwegs sind. 22 Jahre vorher waren sie mit ihrer
kleinen Expedition dort alleine gewesen. Bei der Besteigung des
Gasherbrum II entdeckt er ein neues Ziel für seine Unternehmungen, in
das ihm die Sicht vom Gipfel ein herrlichen Einblick gewährt: der
jenseits der pakistanisch-tibetischen Grenze gelegene Teil des Karakorum
mit dem Shaksgam-Tal und den Nord- und Ostflanken der Gasherbrum-Kette,
des Broad Peak und des K2. Es ist vollkommen unbewohntes und kaum
bekanntes Gebiet mit wilden und ungewöhnlichen Gletschern. Im Jahr 1979
ist die chinesische Grenze noch geschlossen, aber 1982 ist Diemberger
dort mit einer kleinen Erkundungsexpedition unterwegs. Er ist äußerst
beindruckt von der Wildheit und Einsamkeit dieser Gebirgswelt; so
beeindruckt, dass er noch weitere sechsmal dorthin gehen wird.
>Aber zum zweiten Mal wird ihn im Karakorum
ein schwerer Schicksalsschlag treffen. 1983 hatte er beim Drehen eines
Films am Nanga Parbat die Engländerin Julie Tullis kennengelernt. Auch
sie ist Bergsteigerin und filmt. Mit dem Film am Nanga Parbat sind sie
als Team bekannt geworden und werden zur Teilnahme an der italienischen
Expedition zur Nordflanke des K2 eingeladen. Sie kommen bis auf 8000 m Höhe
trotz schwerer Filmarbeit. 1984 besteigen sie gemeinsam den Broad Peak
auf der Route der Erstbesteiger; Diemberger steht also 27 Jahre nach
seiner Erstbesteigung nochmals auf diesem Gipfel. Im großen Unglückjahr
1986 besteigen Diemberger und Tullis den K2 über den Abruzzengrat. Auf
dem Abstieg stirbt Julie Tullis im Hochlager auf fast 8000 m Höhe,
zusammen mit anderen von einem mehrtägigen Höhensturm dort
festgehalten. Nur Willi Bauer und Kurt Diemberger entkommen dem Inferno,
Diemberger mit schweren Erfrierungen. Um das Erlebte zu verarbeiten,
kehrt er in den Folgejahren immer wieder in den Karakorum zurück, nicht
mehr, um hohe Berge zu besteigen, sondern um Unbekanntes – vor allem
im Shaksgam-Tal – zu erkunden.
Rückblicke auf seine vielfältigen Tätigkeiten
- im ursprünglich erlernten Beruf, als Autor, als Vortragender, als
Filmer, als Fotograf, als Ausstellungsmacher usw. – enthält das
vorletzte Kapitel. Im Letzten beantwortet Diemberger die Frage „Wo bin
ich daheim?“ mit der jetzt nicht mehr überraschenden Antwort: „An
vielen Orten der Welt“ - weitere Bilder inklusive.
Stuttgart,
den 20. Dezember 2012
Günter
Seyfferth
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Graham Bowley
Kein Weg zurück
Leben und Sterben am K2
Piper Verlag GmbH, München, 2011
(Malik)
ISBN 978-3-89029-390-5
Gebunden, 320 Seiten
Format: 145 x 220 x 30 mm, 550 Gramm
36 Farbfotos, eine Karte
Preis: Euro 19,95
Rezension
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Am 1./2. August
2008 geschieht in der Gipfelzone des K2 eines der größten Unglücke in
der Geschichte der Besteigung der Achttausender. Insgesamt 11
Bergsteiger kommen innerhalb von 24 Stunden ums Leben. Andere können
sich nur unter verzweifelten Anstrengungen retten, erleiden aber schwere
Erfrierungen an Füßen und Händen. Der Autor und Journalist Graham Bowley, der selbst
kein Bergsteiger ist, hat zahllose Gespräche mit Augenzeugen sowie mit
Weggefährten und Angehörigen der Verunglückten geführt und zeichnet
in dem lesenswerten Buch ein weitgehend vollständiges, genaues und
plausibles Bild der Ereignisse. Die Dramatik der Geschehnisse hält an,
bis die letzten Bergsteiger wieder ins Basislager zurückgekehrt sind.
Entsprechend spannend ist die Handlung von der ersten bis zur letzten
Seite des Buches.
In der Nacht zum 1. August brechen etwa
30 Bergsteiger, darunter 2 Frauen, vom Lager 4 auf 7800 m Höhe an der
sog. Schulter zum Gipfel des K2 (8611 m) auf. Es sind Teilnehmer
verschiedener Expeditionen, die entweder über den Abruzzengrat oder die
Cesen-Route hierher aufgestiegen sind. Einen solchen
"Massen-Aufbruch" hatte es am K2 vorher noch nie gegeben. An
sich hätte eine Vorausmannschaft um 22 Uhr des 31. Juli - 2 bis 3 Stunden
vor den anderen - aufbrechen sollen, um Fixseile im sog. Flaschenhals und
in der folgenden Traverse unterhalb des senkrechten Eisabbruchs
anzubringen - eine ungewöhnliche Maßnahme am K2! Doch es ist schon
nach Mitternacht, bis man endlich losgeht. Man fängt viel zu weit unten
mit dem Verlegen der Fixseile an und wird
folglich früh von den anderen Teilnehmern eingeholt. Es bildet sich ein
Stau, der sich erst um die Mittagszeit auflösen wird. Die ersten Gipfelaspiranten kehren um, weil
sie erkennen, dass man bei einem Höhengewinn von nur 40 m pro Stunde
viel zu spät zum Gipfel kommen wird. Die Mehrzahl scheint sich aber in
der Gruppe sicher zu fühlen. Am oberen
Ende des Flaschenhalses (8200 m) gehen die Seile aus. Also müssen unten
überflüssige Seile entfernt und nach oben gebracht werden. In diesem
Hin und Herr stürzen die ersten beiden Bergsteiger tödlich ab. In der
gefährlich abschüssigen Traverse geht es extrem langsam weiter. Der
Spanier Alberto Zerain löst sich dort gegen Mittag aus der langsamen
Kolonne, versichert die Traverse bis zu ihrem oberen Ende (8350 m) und steigt
alleine weiter zum Gipfel, den er um 15 Uhr erreicht. Zerain wird der Einzige
sein, der noch bei Tageslicht zurück ins Lager 4 finden wird. Es wird
dunkel, als die Letzten am Gipfel eintreffen, andere sind zu diesem
Zeitpunkt schon wieder im Abstieg.
Nach ca. 18 Stunden seit dem Aufbruch sind alle am Ende
ihrer Kräfte, doch jetzt folgt erst der gefährlichste Teil der
Besteigung - der Abstieg. Als es absolut dunkel ist, befinden sich
die Ersten in der Traverse, die Letzten noch im Schneefeld unterhalb des
Gipfels. Im Lichtschein der Stirnlampen tastet man sich nach unten.
Einige wissen nicht mehr, wo sie sind, und entschließen sich zum eisigen
Biwak. Am Eis-Sérac über der Traverse löst sich eine Eislawine und
reißt einen Norweger in den Tod; seine hinter ihm gehende Ehefrau und
ein weiterer Norweger können nur ohnmächtig zuschauen. Alle am Morgen
befestigten Fixseile - auch im Flaschenhals - sind weggerissen. Im
Laufe der Nacht ergeben sich an verschiedenen Stellen sehr kritische
Situationen. Drei weitere Bergsteiger stürzen in der Nacht ab, andere
hingegen kommen, wenn auch unter großen Schwierigkeiten, hinunter ins Lager 4.
Von dort sind inzwischen 2 Sherpas zur Hilfe aufgestiegen. Am Morgen
kämpfen noch 7 Bergsteiger oberhalb des Flaschenhalses um ihr Leben.
Zwei Holländer und ein Italiener gelangen hinunter zur Schulter, dann
aber ereilt die anderen vier sowie einen der aufgestiegenen Helfer der
Tod: Vom großen Sérac stürzt zunächst ein kleinerer Teil ab und
reißt einen Iren in die Tiefe; kurz darauf löst sich eine große
Eislawine und zerschmettert die Körper der zwei letzten Koreaner und
der zwei Sherpas,
die gerade durch den Flaschenhals absteigen.
11 Tote sind zu beklagen, und noch stehen
den Überlebenden weitere 2600 m gefährlichen Abstiegs bevor. Einer der Holländer
wird noch vermisst. Er war im Nebel zu weit rechts
am Lager 4 vorbei abgestiegen und wird schließlich in der Nähe des
Lagers 3 der Cesen-Route gefunden, nachdem er ein weiteres Biwak
erduldet hatte. Letztlich gelangen alle nach schwerem Abstieg zurück ins
Basislager, einige mit schweren Erfrierungen.
Der Autor stellt das Geschehen und die
Begleitumstände ausführlich und gut nachvollziehbar dar, chronologisch
geordnet, geschildert jeweils aus der Warte der Augenzeugen. Ergänzend
fügt er wichtiges Wissen um die Besteigungsgeschichte des K2 und die
besonderen Probleme des Höhenbergsteigens ein. Er verzichtet
klugerweise auf eigene Bewertungen des Verhaltens der Bergsteiger, womit
er dem Leser die Möglichkeit belässt, unvoreingenommen zu eigenen
Einschätzungen zu kommen. Es wird deutlich, mit welchen Fehlern die
Teilnehmer selbst dazu beigetragen haben, dass es zu diesen tragischen Ereignissen
gekommen ist. So hat der Leser nicht nur einen spannenden Lesestoff in
der Hand, sondern auch die Möglichkeit zur eigenen Analyse der
Geschehnisse.
Stuttgart, den 01. Juni 2011
Günter Seyfferth
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